Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Hans Stricker 
Als geschichtlicher Hintergrund für die Ausbildung der Personen- und 
Familiennamen ist im Alpenrheintal zunächst an die spätrömisch-christ- 
liche und die frühmittelalterlich-rätoromanische Epoche zu erinnern. Sie 
bilden den kulturellen Nährboden des ganzen churrätischen Raumes, 
vom Hirschensprung im Rheintal bis zum Alpenkamm, vom Walensee 
bis zum Arlberg. Über ein Jahrtausend dauerte hier die romanische Epo- 
che; sie schlug tiefe Wurzeln und hinterliess zahlreiche Zeugnisse. Heute 
freilich sind die deutschen Namenformen zahlenmässig an die Spitze 
getreten. 
Im Hochmittelalter entwickelte sich die Zweinamigkeit, das heisst, 
es kamen neben den einfachen Personennamen (Vornamen) neu auch 
Familiennamen auf. Diese allgemein europäische Entwicklung fiel in 
unserer Region in die Epoche des romanisch-deutschen Sprachwechsels 
(etwa 11. bis 14. Jahrhundert). So sind Familiennamen bereits im Roma- 
nischen unseres Raumes greifbar. Hauptsächlich aber etablierten sie sich 
dann in der neuen, deutschen Landessprache. 
Neben den Bürgergeschlechtern ist auch der Namen jener unzäh- 
ligen Personen zu gedenken, die in die historischen Quellen eingingen, 
ohne selber zur geschlossenen Gesellschaft der Gemeinde- und Landes- 
burger gehort zu haben: Hintersassen, durchziehende Fremde und 
Vaganten, ferner Dienstpersonen und ausländische Beamte mit ihrem 
Anhang. Oft stammten sie aus der Nachbarschaft, dann und wann 
aber auch von weiter her, aus anderen Ländern und Sprachräumen. 
Dennoch wäre es unklug, sie zu übergehen: Ihre Spuren liefern ein 
Abbild früherer Migrationen, sie haben mit ihrem Erscheinen - und 
oft auch mit ihrer dauernden Niederlassung — der Sozialstruktur des 
Landes und damit indirekt auch der Landesgeschichte ihre Färbung mit- 
geteilt. Sie sind und waren stets ein Teil der Landesbevölkerung und 
prägten diese mit; sozialgeschichtlich sind auch sie von hohem Interesse. 
In einem wissenschaftlich begründeten Namenbuch dürfen sie deshalb 
nicht fehlen. 
Dieser Grundsatz hat allerdings auch Folgen. Oft lässt sich nicht 
sagen, welchem Ursprungsland, welcher Gegend, welcher Sprachge- 
meinschaft ein vereinzelt bei uns auftauchender, mager dokumentierter 
Name zuzuordnen ist. Da sind dem Erkennen oft enge Grenzen gesetzt, 
und es ist dann aus so beschränktem Blickwinkel oft vorzuziehen, auf 
deutende Spekulationen zu verzichten. Immerhin können die vorhande- 
nen Informationen rund um den Namen festgehalten werden. 
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