Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Besonderheiten des liechtensteinischen Eherechts 
EheG) — Ehebruch, Nachstellung nach dem Leben, schwere Misshand- 
lungen und böswilliges Verlassen sowie sonstiges ehewidriges Verhalten 
— voraus und basierte damit auf dem Verschuldensprinzip. Mit dem 
zuletzt angeführten Grund wurde ein Generaltatbestand geschaffen, um 
dem Gericht die Möglichkeit zu geben, auf die «Eventualitäten des 
Lebens» zu reagieren. Das rechtskräftige Trennungsurteil hob zwar die 
Verpflichtung zur ehelichen Gemeinschaft und Treue auf, liess die Ehe 
aber dem Bande nach weiter fortbestehen. Erst nach dem Ablauf einer 
dreijährigen Trennungsfrist, die Zeit und Gelegenheit zur Versöhnung 
bieten sollte, konnte jeder der beiden Ehegatten auf Ehescheidung dem 
Bande nach klagen. Wollte der verletzte Ehegatte zwar die Trennung, 
nicht aber die Scheidung, so hatte er die Möglichkeit, nach Ablauf dieser 
Frist Widerspruch gegen das Scheidungsbegehren des schuldigen Ehe- 
gatten zu erheben, wodurch es erst nach Ablauf von zwei Jahren wie- 
derholt werden konnte. Danach jedoch war, sofern es mittlerweile nicht 
zu einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft gekommen war, 
kein Widerspruch mehr möglich, um ein endloses Hinauszögern der 
Scheidung zu verhindern. Ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bestand 
die Möglichkeit zur Wiederverehelichung. 
Die beiden Schritte - Trennung und Scheidung — waren in dem 
neuen liechtensteinischen Eherecht in der Weise miteinander verknüpft, 
dass die streitige Trennung als Vorverfahren der Scheidung diente, in 
dem alle Möglichkeiten zur Heilung der Ehe ausgeschöpft werden soll- 
ten. Damit war «eine echt liechtensteinische Lösung» geschaffen wor- 
den, mit der einverständliche Scheidungen vermieden wurden, da ja eine 
einverständliche Trennung die Scheidung ausschloss. Während in den 
Eherechtsordnungen der Nachbarstaaten dem Zerrüttungsprinzip die 
grössere Bedeutung zukam, konnte sich der liechtensteinische Gesetzge- 
ber nicht zum Grundsatz der Scheidung wegen Zerrüttung durchringen. 
Das Ehegesetz beruhte aber auch nicht ausschliesslich auf dem Ver- 
schuldensprinzip, sondern mass durch die Aufnahme von Trennungs- 
fristen auch dem Zerrüttungsprinzip Bedeutung bei, wodurch man zu 
einer den liechtensteinischen Verhältnissen angepassten «abgewogenen 
Lösung» gelangte, «die nirgends ein Vorbild hat». 
  
37  Landtagsprotokoll vom 27. November 1973, S. 561-562, 689. 
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