Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Günther Boss 
Erklärung steht weiterhin das Verhältnis des Christentums zum Juden- 
tum; gleichzeitig würdigt Nostra aetate aber auch den Hinduismus, den 
Buddhismus sowie den Islam. 
Der Wiener Kardinal Franz König, einer der massgebenden Kon- 
zilsväter und Anreger von Nostra aetate, hat die Erklärung als «das kür- 
zeste, aber bedeutendste Konzilsdokument»* bezeichnet. Eine derartige 
Religionenerklärung ist in der Geschichte der Konzilien jedenfalls ganz 
neuartig. Nostra aetate weist über die 1960er-Jahre weit hinaus. Die Im- 
pulse von Nostra aetate sind auch heute, rund 50 Jahre nach der Verab- 
schiedung des Dokuments, noch nicht überall in der Theologie und in 
der kirchlichen Alltagsmentalität angekommen. Im folgenden Beitrag 
soll diese Erklärung über das Verhältnis zu den nichtchristlichen Reli- 
gionen durch einige Beobachtungen theologisch eingeordnet und inhalt- 
lich erschlossen werden. 
Das Konzil als Text und als Ereignis 
Das Zweite Vatikanische Konzil hat 16 Dokumente verabschiedet, 
darunter vier Konstitutionen, neun Dekrete und drei Erklärungen. Die 
Textgestalt dieser Dokumente unterscheidet sich dabei markant von den 
Verlautbarungen der vorangehenden Konzilien. Es war der ausdrückli- 
che Wunsch von Papst Johannes XXIII, dass dieses Konzil keine neuen 
Anathemata (Lehrverurteilungen) aussprechen dürfe, sondern sich als 
pastorales Konzil verstehen solle.* Hinzu kommt, dass die Konzilsväter 
die vorbereiteten Schemata der römischen Kurie zum Auftakt des Kon- 
zils verworfen hatten. Damit wurde ein dialogischer Prozess der Wahr- 
heitsfindung in Gang gesetzt, der in der Kirchengeschichte beispiellos 
ist. Die Konzilsforschung, allen voran der italienische Konzilienhistori- 
ker Giuseppe Alberigo, spricht denn auch davon, dass man das Zweite 
Vatikanische Konzil nicht nur in seinen Texten ernst nehmen müsse, 
sondern auch als Ereignis — als Ereignis eines epochalen Übergangs: 
  
3 Tiick, Gottes Augapfel, S. 327; Siebenrock, Theologischer Kommentar, S. 598. 
4 Siehe dazu die berühmte Ansprache Johannes’ XXIII. zur Eröffnung des Konzils 
vom 11. Oktober 1962 Gaudet Mater Ecclesia in: Kaufmann/ Klein, Johannes 
XXIIL, S. 116-150. 
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