Militärdienstleistende aus Unterschicht-Familien
Klaus Biedermann
Einleitung
Bereits im 15. Jahrhundert bildete sich in den reichsunmittelbaren Herr-
schaftsgebieten von Vaduz und Schellenberg eine Landwehr (Miliz) zur
Verteidigung des eigenen Territoriums. Beide Gebiete (respektive ab
1719 das Reichsfürstentum Liechtenstein) mussten ab dem 16. Jahrhun-
dert zudem eine gewisse Anzahl Soldaten für den Schwäbischen Kreis
stellen. Dieses liechtensteinische Kontingent bestand in Friedenszeiten
aus fünf, in Kriegszeiten aus acht Mann. Drei Jahre vor dem Ende des
alten Deutschen Reiches brach 1803 das Kreismilitärsystem zusammen,
womit diese Verpflichtung endete.‘'
Doch auch die spätere Mitgliedschaft beim Deutschen Bund (1815
bis 1866) verpflichtete Liechtenstein zur Bereitstellung einer gewissen An-
zahl an Männern für den Militärdienst. Laut einer Vereinbarung von
1818 hatte jeder Mitgliedstaat des Deutschen Bundes ein Prozent seiner
Bevölkerung für den Militärdienst zu stellen. Dazu kam eine Reserve-
truppe von einem halben Prozent der Bevölkerung. Liechtenstein, das
im Jahr 1818 eine Bevölkerung von 5546 Personen zählte, stellte somit
ein Kontingent von 55 Mann, das im Kriegsfall auf 73 Mann zu erhöhen
war.” Die Zahl der aufzubringenden Wehrmänner wurde bis 1862 auf
82 Mann erhöht.?
Gemäss dem im Jahr 1812 in Liechtenstein eingeführten Allgemei-
nen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) konnte das liechtensteinische
1 Siehe dazu den Überblicksartikel Fabian Frommelt/ Rupert Quaderer, «Militär», in:
HLFL, S. 616-618.
2 Quaderer-Vogt, Militirgeschichte, S. 49.
3 Siehe auch Fabian Frommelt/ Rupert Quaderer, «Militdr», in: HLFL, S. 616-618.
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