Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Urs Altermatt 
jekte von der berufsständischen Ordnung, nach 1945 lautete die Formel 
soziale Marktwirtschaft. 
Zahlreiche Historiker und Politologen betonen mit Recht die 
Kompromiss- und Mediationsfunktion der Christlichdemokraten und 
bezeichnen diese als Grundelement ihrer Politik. Am Fraktionsjubiläum 
von 1983 sprach ich vom langen Weg von der Opposition zum «Schar- 
nier» in der Zauberformel-Regierung von 1959. Die Christdemokraten 
waren nicht nur die Architekten, sondern auch das Amalgam der Zau- 
berformel-Regierung, die von 1959 bis 2003 die Schweiz prägte. 
Da die Partei von Anfang an eine sozial heterogene Volkspartei 
darstellte, gehörten Richtungs- und Flügelkämpfe zur CVP. Bis zum 
Ersten Weltkrieg beherrschte der Gegensatz zwischen den Stammlanden 
und der Diaspora die Partei, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts 
erschwerte der Konflikt zwischen den Konservativen und den Christ- 
lichsozialen die Geschlossenheit, und seit dem letzten Drittel des 20. und 
zu Beginn des 21. Jahrhunderts beherrscht der Konflikt zwischen den 
Anhängern in den urbanen Agglomerationen und denjenigen auf dem 
Land der voralpinen und alpinen Regionen die politische Szene. 
Es lässt sich das Fazit ziehen: Schon im 19. Jahrhundert war die 
CVP «christlich-demokratisch», da sie die Demokratie als Staatsform nie 
infrage stellte und eine Partei von Staatsbürgern war, die zwar die welt- 
anschauliche Leitkultur der katholischen Kirche anerkannte, in der Pra- 
xis aber einen weitgehend autonomen politischen Kurs einschlug. Dies 
äusserte sich auch darin, dass die Partei von 1848 bis 1970 das Etikett 
«konservativ» im Namen führte. 
Liechtenstein: Parteiensystem sui generis 
Das liechtensteinische Parteiensystem weist wegen der Kleinheit des 
Fürstentums Eigenheiten auf, die am besten mit der Parteienlandschaft 
von Schweizer Kantonen wie Appenzell-Innerrhoden oder dem Wallis 
zu vergleichen sind.'° In der weltanschaulich-ideologischen Ausrichtung 
  
10 Peter Geiger verglich in seiner Rezension meines Buches über die CVP im Jahrbuch 
des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein 2014 die Parteien in der 
Schweiz und Liechtenstein. Ich stütze mich in diesem Kurzbeitrag auf seine Infor- 
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