Bodenreform in der Tschechoslowakei
grundbesitz Rumburg abschreiben zu müssen. Hierbei spielte auch das
Bestreben des Bodenamts, mindestens einen vollständig enteigneten
Grossgrundbesitz vorweisen zu können, eine wichtige Rolle. Im Falle
von Mährisch Sternberg, Jägerndorf und Lundenburg waren die Vertre-
ter des Bodenamts bereit, sich auch mit einer Teilenteignung zufrieden-
zugeben. Als komplizierter erwies sich die Diskussion über Hohenstadt
und Mährisch Aussee, an denen das Bodenamt grosses Interesse hatte.
Doch auch hier zeigte sich, dass Teile davon aus liechtensteinischer Sicht
zu retten waren, wenngleich im Falle von Mährisch Aussee zum Preis
der Übergabe des dortigen fürstlichen Forstmuseums an den Staat.?®
Im August 1921 formulierte der Fürst privat seine Ansicht zur
Bodenreform auf einigen seiner Grossgrundbesitzungen: Im Prinzip war
er dazu bereit, das Gut Plumenau zu opfern, das relativ isoliert von sei-
nem südböhmischen und nordmährischen Kernbesitz lag, sowie Teile
der Besitzungen Jägerndorf, Neuschloss, Landskron, Mährisch Stern-
berg, Mährisch Trübau und Feldsberg. Hierbei wollte er entweder ein-
zelne Höfe ausgenommen wissen (zum Beispiel Neuschloss) oder er
zeigte sich nur zur Übergabe eines sehr kleinen Teils einiger Besitztümer
bereit (Feldsberg). Dem Fürsten war es interessanterweise sehr wichtig,
dass der Verlauf der Bodenreform auf seinen Gütern weder den dortigen
tschechischen noch den deutschen Bewohnern zum Schaden gereichte.”
Die Ansprüche des Bodenamts wuchsen allerdings immer weiter
und lagen schliesslich höher, als die Familie Liechtenstein zu akzeptieren
bereit war. Daher wandte sich die fürstliche Verwaltung Anfang 1922 an
den Innenminister der damaligen BeneS-Regierung, Jan Cerny, einen
parteilosen Fachmann mit mährischen Wurzeln, sowie an Josef
Dolansky und Jan Srämek, die christdemokratischen Minister der Justiz
respektive der Eisenbahn, mit dem Ersuchen, sie möchten in der Regie-
rung für eine Milderung des sogenannten Forstprogrammes eintreten,
das im Rahmen der Bodenreform durchgeführt wurde. Der Fürst be-
tonte, er wolle für sich keine Ausnahme aus der Reform im Hinblick auf
seinen Status als souveräner Herrscher, er bestehe jedoch auf der Tatsa-
26 MLA,F 29, Karton 90, Liechtensteinisches Justizreferat an den Fürsten, 8. Oktober
1921.
27 MLA, F 29, Karton 90, Zusatz zu den Bemerkungen Seiner Durchlaucht (wahr-
scheinlich des Fürsten) anlässlich der bevorstehenden Bodenabgabe in der Tsche-
choslowakei vom 16. August 1921, 18. Oktober 1921.
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