Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Bodenreform in der Tschechoslowakei 
Die Familien Liechtenstein und Schwarzenberg waren die grössten 
Landeigenttiimer in den Béhmischen Lindern.” Im Jahre 1898 umfasste 
das Eigentum der liechtensteinischen Primogenitur'® in den bohmischen 
Ländern, das heisst ohne Feldsberg / Valtice, insgesamt 155 923 ha Land. 
Davon waren 119 485 ha Forstflichen, den Rest bildete Ackerboden.!! 
Die grossen Güter lagen hauptsächlich in Mähren und Schlesien, weni- 
ger in Böhmen. Fürst Johann II. hielt sich meistens auf den Gütern Eis- 
grub-Feldsberg-Lundenburg (Lednice-Valtice-Bfeclav) an der Grenze 
zu Niederösterreich auf. Ausserdem besass er in Süd- und Mittelmähren 
weitere grosse Güter: Butschowitz-Schdanitz / Bu&ovice-Zdänice, Plu- 
menau / Plumlov, Posorschitz / Pozofice, Ungarisch Ostra / Uhersky 
Ostroh und andere. Daneben verfügte die Primogenitur noch über einen 
riesigen Komplex von überwiegend Waldbesitz im Grenzland zwischen 
Mähren, Schlesien und Ostböhmen (darunter Karlsberg / Karlovec, 
Hohenstadt / Zäbfeh, Landskron / Lans&kroun, Mährisch Trübau / Mo- 
ravskä Trebovä, Troppau-Jägerndorf / Opava-Krnov) sowie über eine 
kleinere, aber trotzdem bedeutende Domäne östlich von Prag (darunter 
Schwarzkosteletz / Kostelec nad Cernymi lesy, Aurinowes / Uhfinéves 
und Kaunitz / Kounice). Isoliert in Nordbohmen an der Grenze zu 
Sachsen lag das Gut Rumburg / Rumburk. 
Furst Johann II. war zwar Herrscher eines unabhingigen und im 
Ersten Weltkrieg neutralen Staates, die Prager Behörden waren sich 
jedoch des Status des Fürsten und der Unabhängigkeit seines Fürsten- 
tums keineswegs sicher. Sie standen unter grossem Druck seitens der 
tschechoslowakischen Öffentlichkeit und des Parlaments, die eine exem- 
plarische Bestrafung der Familie Liechtenstein für die Taten Fürst 
Karls I. von Liechtenstein in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts for- 
derten.!? Bei den Verhandlungen über das Beschlagnahmungsgesetz zur 
Bodenreform im April 1919 verlangten einige Abgeordnete ausdrücklich 
  
9 Zu Angaben über den Landbesitz des böhmischen Adels bis 1921 siehe Mittermair, 
Die Neutralität Liechtensteins. 
10 Als Primogenitur — wortlich das Erstgeburtsrecht — wird hier der Allodialbesitz des 
Oberhaupts einer adeligen Familie und das von diesem in Form eines Fideikom- 
misses verwaltete Gut bezeichnet. 
11 Dallabona, Bodenreform in der Tschechoslowakei, S. 36-39. 
12 Siehe dazu Winkelbauer, Karl von Liechtenstein und das «Prager Blutgericht> (mit 
weiterer Literatur); Uhlif, Drama Bilé hory; Kavka, Bild hora a ¢eské d&jiny; Petra, 
Staroméstskd exekuce. 
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