Die Bodenreform auf den Gütern
der liechtensteinischen Primogenitur ın
der Tschechoslowakei (1918 bis 1938)
Väclav Horcicka
Die Problematik der Bodenreform auf dem liechtensteinischen Gross-
grundbesitz in der Tschechoslowakei erfuhr lange Zeit wenig Aufmerk-
samkeit.! Dies dnderte sich mit der 2010 ins Leben gerufenen Liechten-
steinisch-Tschechischen Historikerkommission.? Nun wandte sich das
Bemühen von Historikerinnen und Historiker verstärkt in diese Rich-
tung.’
Beginn und rechtlicher Rahmen der Reform
Die Diskussion über die Durchführung der Bodenreform begann bereits
kurz nach der Verkündung der selbstständigen Tschechoslowakischen
Republik am 28. Oktober 1918. In den ländlichen Gebieten herrschte ein
beachtlicher Hunger nach Boden, und im Zusammenhang mit der Ge-
fahr einer Bolschewisierung war den wichtigsten politischen Kräften im
neuen Staate klar, dass sie den Forderungen der Landlosen entgegen-
kommen mussten. Im Januar 1919 wurde die erste einer ganzen Serie
1 Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Bearbeitung des Projekts GA CR No. 17-
077308.
2 Die Liechtensteinisch-Tschechische Historikerkommission wurde 2010 von der
liechtensteinischen und der tschechischen Regierung eingesetzt, «mit dem Auftrag,
die gegenseitigen Beziehungen über die ganze wechselvolle Geschichte hinweg bis
zur Gegenwart zu untersuchen» (siehe Geiger /Knoz et al., Liechtensteinisch-tsche-
chische Beziehungen, S. 9). Den Vorsitz hatten Peter Geiger und Tomä5s Knoz ge-
meinsam inne.
3 Siehe insbesondere Horäk, Kontinuitäten und Diskontinuitäten; Horäk, Die recht-
lichen Aspekte; Keller-Giger, Zwei Länder — ein Fürstenhaus; Quaderer, Liechten-
stein und die Tschechoslowakei; Horticka, Die Enteignungen.
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