Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Zur Herkunft des Landesverwaltungspflegegesetzes 
rate gezogenen Vorentwürfe hinweg einmal mehr, einmal weniger Paral- 
lelen, von teilweise wörtlicher bis hin zu keinerlei Übereinstimmung. 
Generell stellt sich heraus, dass das Landesverwaltungspflegegesetz den 
Wortlaut aus den Vorentwürfen nur überaus selten wortwörtlich und 
nirgends gänzlich übernommen hat. Wo aufgrund von Gleichlaut oder 
aufgrund gewisser Ähnlichkeiten überhaupt eine Anlehnung stattgefun- 
den haben könnte, ist diese in ihrem Umfang im Verhältnis zur Normie- 
rung im Landesverwaltungspflegegesetz verschwindend gering, sodass 
es schwerfällt, dabei von einer Rezeption zu sprechen. 
Trotz der bloss punktuellen Gegenüberstellung lässt sich anhand 
der Vergleichspunkte jedenfalls feststellen, dass weder der Vorentwurf 
Schwartzenau 1913 noch der Vorentwurf Bernatzik 1914 sich offenkun- 
dig als Rezeptionsvorlage des Landesverwaltungspflegegesetzes präsen- 
tieren, wie es die bisherige Rekonstruktion indessen behauptet hat. Wie 
die Stichproben belegen, kommt der Vorentwurf Davy 1919 mindestens 
ebenso gut als Rezeptionsvorlage infrage, wobei für ihn überdies noch 
seine grössere zeitliche Nähe zum Landesverwaltungspflegegesetz von 
1922 spricht. Dass der nicht aufgefundene Vorentwurf Schuster von 
Bonnot 1918 die massgebliche Rezeptionsvorlage für das Landesverwal- 
tungspflegegesetz war, ist zwar unwahrscheinlich, aber immerhin mög- 
lich. Doch auch diesfalls wäre die bisherige Rekonstruktion falsifiziert, 
behauptet sie doch, die Rezeptionsvorlage stamme aus der Zeit vor dem 
Ersten Weltkrieg. 
Damit nicht genug: Überraschenderweise kommen mit der öster- 
reichischen Civilproceßordnung von 1895 beziehungsweise mit der 
liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912 neue Rezeptionsvor- 
lagen ins Spiel, die in einigen Bestimmungen des Landesverwaltungs- 
pflegegesetzes wörtlich wieder aufscheinen und demnach übernommen 
worden sind. Sachlich ist das naheliegend, weil im Landesverwaltungs- 
pflegegesetz damals wie heute oftmals generell auf die Zivilprozessord- 
nung als subsidiäre Verfahrensordnung und als die Mutter aller Verfah- 
rensordnungen innerhalb der Rechtsordnung verwiesen wird. Es ver- 
wundert daher auch nicht, dass zum Beispiel Bernatzik, der den 
Vorentwurf 1914 betreute, generell eine starke Anlehnung des damaligen 
Vorentwurfes an die Zivilprozessordnung befiirwortete.*® 
  
38 Siehe Hasiba, Kommission, S. 258. 
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