Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Emanuel Schädler 
nauen Betrachtung, so zeigt sich, dass es sich um einen übernommenen 
österreichischen Entwurf [Fussnote: So auch Gstöhl, S. 144.] zu einem 
Verwaltungsverfahrensgesetz aus der Zeit von 1911-1914 handelt.»® 
Daraus entstand als herrschende Meinung die Fehlvorstellung, das Lan- 
desverwaltungspflegegesetz sei weitgehend eine Rezeption eines solchen 
österreichischen Vorentwurfs vor dem Ersten Weltkrieg durch Wilhelm 
Beck. Diese Ansicht verfestigte sich im Laufe der Zeit immer mehr, da 
die nachfolgende Forschung, sofern sie sich der Frage nach den Rezep- 
tionsvorlagen des Landesverwaltungspflegegesetzes überhaupt zu- 
wandte,’ sie als wissenschaftlich fundierte Gegebenheit hinnahm. Umso 
dringlicher ist heute daher eine Überprüfung. 
Ausgangslage für eine Überprüfung 
Die österreichischen Gesetze zum Verwaltungsverfahrensrecht (Allge- 
meines Verwaltungsverfahrensgesetz [AVG], Verwaltungsstrafgesetz 
[VStG], Verwaltungsvollstreckungsgesetz [VVG] samt zugehörigem 
Einführungsgesetz [EGVG]),® die das Pendant zum liechtensteinischen 
Landesverwaltungspflegegesetz bilden, stammen aus dem Jahre 1925 
und traten am 1. Januar 1926 in Kraft.” Die Arbeiten für diese Gesetze 
und die Erstellung von Entwürfen, die schliesslich zu den genannten 
Gesetzen wurden, begannen 1922. Sie konnten sich inhaltlich auf frühere 
Vorarbeiten und — aus der Sicht der letztlich erlassenen Gesetze und der 
ihnen zugrunde liegenden Entwürfe — mithin auf Vorentwiirfe stützen, 
die bis ins Jahr 1913 zurtickreichten.!® Da das Landesverwaltungspflege- 
  
6 Kley, Grundriss, S. 22 mit Anm. 20. 
7 So beispielsweise (damals noch folgend) Schädler, Verständnis, S. 19-21. — Nur das 
Zivil- und Strafrecht behandelte Gschnitzer in seinem berühmten Aufsatz von 1963 
(siehe Gschnitzer, Lebensrecht, S. 43) und liess daher das Landesverwaltungspflege- 
gesetz ausser Betracht. Nicht auf die Entstehung des Landesverwaltungspflegege- 
setzes ging Sprenger in seinem Beitrag von 1994 ein (siehe Sprenger, Verwaltungs- 
gerichtsbarkeit, S. 352 ex tacendo). 
8 BGBI. 1925 Nr. 273-276. 
Kolonovits/ Muzak / Stéger, Grundriss, Rz. 27. 
10 Hasiba, Kommission, S. 239 und S. 262; Hasiba, Meisterwerk, S. 181; Jettel-Etten- 
ach, Verwaltungsreformentwiirfe, S. 29-30. 
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