Zur Herkunft des Landesverwaltungspflegegesetzes
passenden Weise aufzunehmen; wobei ausländische Gesetze, Entwürfe
und Verwaltungsentscheidungen berticksichtigt worden sind».
Sehen wir in dieser Ausserung mehr als eine bloss standardmissige
Floskel in der damaligen liechtensteinischen Gesetzgebung, stellt sich
dem Rechtshistoriker folgende Frage: Welche konkreten Rezeptionsvor-
lagen verwendete Wilhelm Beck bei der Ausarbeitung des Landesver-
waltungspflegegesetzes im Einzelnen? — Diese Frage ist in der erforder-
lichen Breite und Tiefe bis heute unbeantwortet geblieben. Stattdessen
setzte sich in der Literatur zum Landesverwaltungspflegegesetz hin-
sichtlich dessen Entstehung mit der Zeit eine Fehlvorstellung fest: Man
beantwortete die Frage nach den Rezeptionsvorlagen pauschal, vermu-
tungsweise und nebenbei. Die Frage schien daher beantwortet zu sein
und die entsprechende Antwort wurde in der einschlägigen Literatur
weiter tradiert. Folgende Schritte dieser Entwicklung lassen sich im
Rückblick —- gewissermassen als Rekonstruktion der bisherigen Rekon-
struktion — ausfindig machen:
Bereits Karlheinz Ritter vereinfachte in seiner Dissertation 1958
die obige, differenzierte Äusserung Wilhelm Becks, wonach mehrere
und dabei deutsche, schweizerische und österreichische Vorlagen zurate
gezogen worden seien, und verengte den Blick auf österreichische
Rezeptionsvorlagen, indem er feststellte: «Die historische Entwicklung
der liechtensteinischen Verwaltungsgerichtsbarkeit hat sich weitgehend
dem österreichischen Beispiel nachgebildet, hinkte aber 50 Jahre hinter-
her.»* Verstärkt wurde diese einengende Sicht 1984 sodann von Harry
Gstöhl in einem Aufsatz zur Verwaltungsbeschwerdeinstanz mit einem
kurzen, angehängten Satz: «Das Landesverwaltungspflegegesetz (LVG)
(LGBl. 1922 Nr. 24) wurde seinerzeit von Dr. Wilhelm Beck, erarbeitet.
Grundvorlage war das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht.»*
Unter Verweis auf Gstöhl entfaltete schliesslich 1998 eine Bemerkung
Andreas Kleys in seinem «Grundriss des liechtensteinischen Verwal-
tungsrechts» eine Streuwirkung, wobei aus der Mehrzahl von Rezepti-
onsvorlagen laut Wilhelm Beck nun endgültig eine (scheinbare) Einzahl
wurde: «Unterzieht man das Landesverwaltungspflegegesetz einer ge-
3 Oberrheinische Nachrichten vom 12. April 1922, S. 1.
4 Ritter, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 14.
5 Gstohl, Verwaltungsbeschwerdeinstanz, S. 144.
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