Volltext: Geschichte erforschen - Geschichte vermitteln

Volksabstimmungen über die Verfassung 
durch den Landtag im Herbst 1993 und die damit einhergehende Auflö- 
sung des Landtags durch Fürst Hans-Adam Il.” 
In den Jahren nach der sogenannten Staatskrise konnten sich der 
Fürst und die in verschiedenen Mandatsperioden vom Landtag einge- 
setzten Kommissionen zur Erarbeitung von Vorschlägen für eine Ver- 
fassungsrevision nicht auf eine gemeinsame Vorlage einigen. Die Diskre- 
panzen waren enorm. Der Fürst hätte einer Vorlage, die vom Landtag 
angestrebt wurde und eine tendenzielle Schwächung der Position des 
Fürsten mit sich gebracht hätte, wohl nie die Sanktion erteilt. Umge- 
kehrt musste der Fürst nach jahrelangen Diskussionen, Verhandlungen 
und öffentlichen Präsentationen einsehen, dass seine Vorschläge, die 
neben zahlreichen anderen umstrittenen Änderungen eine Bestätigung 
oder sogar einen Ausbau der Kompetenzen des Fürsten wie auch des 
Volkes vorsahen, im Landtag nicht die erforderliche qualifizierte Mehr- 
heit finden würden. Aus diesem Grund meldete er im August 2002 
gemeinsam mit Erbprinz Alois eine Volksinitiative an, mit welcher zahl- 
reiche Verfassungsänderungen angestrebt wurden: Bekräftigung des 
Sanktionsrechts des Fürsten, stärkerer Einfluss des Fürsten bei der Rich- 
terbestellung, Recht des Fürsten und des Landtags, die Regierung zu 
entlassen, Recht des Volkes, das Misstrauen gegen den Fürsten auszu- 
sprechen und die Monarchie abzuschaffen, ferner das Sezessionsrecht 
der Gemeinden wie auch eine Einschränkung der Macht des Staatsge- 
richtshofes — um die wichtigsten zu nennen.” Eine Beschwerde, wonach 
der Fürst gar nicht ermächtigt sei, eine Volksinitiative zu ergreifen, lan- 
dete beim Staatsgerichtshof. Dieser blieb in seinem Urteil bezüglich der 
Befugnis des Fürsten vage und entschied, dass zumindest dem Erbprin- 
zen das Recht auf Ergreifen einer Volksinitiative zustehe, sodass die 
Anmeldung rechtmässig sei.” 
Für die Initiative des Fürstenhauses wurden 6240 Unterschriften 
gesammelt, mehr als das Vierfache der erforderlichen Zahl. Eine Gegen- 
75  Eugster, Regierungskrise; Marxer, Parlamentarismus, S. 8; Marcinkowski/Marxer, 
Öffentlichkeit, S. 106-107. 
76 Ausführlich bei Merki, Liechtensteins Verfassung, mit zahlreichen weiteren Litera- 
turhinweisen. 
77 Mit dieser Frage befasste sich zunächst die Verwaltungsbeschwerde-Instanz (VBI 
2002/96 vom 12. November 2002), schliesslich der Staatsgerichtshof (StGH 2002/73 
vom 3. Februar 2003), online abrufbar unter www.gerichtsentscheide.li. 
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