Herbert Wille
Schlussbemerkungen
Es ist im Zusammenhang mit der kommunalen Kirchenfinanzierung mit
Blick auf die negative Religionsfreiheit vereinzelt Kritik an den Geldleis-
tungen der Gemeinden geübt worden, die sie der katholischen Kirche aus
den allgemeinen Mitteln beziehungsweise aus dem allgemeinen Steuer-
aufkommen zukommen lassen. Die Begründung geht unter anderem
dahin, dass eine Person nicht zur Zahlung von öffentlichen Abgaben an
eine Religionsgemeinschaft verpflichtet werden könne, der sie nicht an-
gehöre.” Dieser Einwand berücksichtigt aber den Rechtsgrund der Leis-
tungspflicht der Gemeinden nicht. Im Übrigen sind öffentliche Leistun-
gen aus allgemeinen Mitteln von allen Einwohnerinnen und Einwohnern
ohne Unterschied ihrer religiösen oder weltanschaulichen Haltung zu tra-
gen. Dies verstösst weder gegen die verfassungsrechtlich verbürgte Reli-
gionsfreiheit noch gegen die Rechtsgleichheit des Einzelnen. Es geht hier
um Leistungen der Gemeinden an die katholische Kirche, zu denen sie
und nicht die Einzelperson aufgrund eines Rechtstitels verpflichtet sind.
Es handelt sich also um eine allgemein geschuldete Last der Gemeinden.
Es besteht aber heute ein unbestreitbares Bedürfnis nach einer
grundlegenden Neugestaltung der Kirchenfinanzierung. Diese soll
durch ein System der Mandatssteuer abgelost werden,
Staat und Gemeinden beteiligen. Das System soll aus «der obligatori-
schen Teilzweckbindung eines prozentualen Anteils am Gesamtsteuer-
aufkommen aus der Vermögens- und Erwerbssteuer des Landes und der
Gemeinden» bestehen, wobei die steuerpflichtigen Personen auf der
Steuererklärung angeben müssen, ob sie den Steueranteil einer der dort
genannten Religionsgemeinschaften zukommen lassen wollen. Es han-
an dem sich
delt sich um eine neue Form der staatlichen Finanzierung von Religi-
onsgemeinschaften über Steuern.“
87 So der Verein für eine offene Kirche in einer Stellungnahme vom 30. Januar 2005,
S. 10 (nicht veröffentlicht).
88 Siehe BuA Nr. 114/2012 betreffend die Neuregelung des Verhältnisses zwischen
Staat und Religionsgemeinschaften, S. 19-20.
89 Droege, Staatsleistungen, meint, dass das System der Mandatssteuer zwar die Ge-
fahr der Abhingigkeit der Religionsgemeinschaften von der staatlichen Steuerge-
staltung in sich berge, hilt jedoch dafiir, dass es als fiir die weitere Entwicklung der
Kirchenfinanzierung in Europa vorbildlich begriffen werden könne.
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