Volltext: Was will Liechtenstein sein?

nigung Alpträume beschert hatte: Liechtenstein verschwindet, weil me- diatisiert. Es wird zu einer Karikatur eines Staates. Aber einem Land ohne Hoffnung und Zukunft entgleiten bald die Dinge; man holt vor dem Ende noch heraus, was man kann. Die Gesellschaft verdirbt. Ist es dann, um mit Kaiser und Schädler zu sprechen, nicht besser, wir ersu- chen um Aufnahme in die Schweiz oder Österreich und schaffen unsere Monarchie ab? Das stärker gewordene Gewicht der Verbindung mit der Schweiz und der Vertretung Liechtensteins durch die Schweiz nach aussen geht merkwürdigerweise einher mit gleichzeitigem Substanzverlust des Zoll- vertrages. Das Motiv zum Zollvertrag von 1923 war im Wesentlichen die Markterweiterung in die Schweiz hinein, wie dies analog schon 1852 beim Zollvertrag mit Österreich der Fall gewesen war. Liechtenstein profitierte auch von den von der Schweiz mit anderen Staaten abge- schlossenen Zoll- und Handelsverträgen, die ebenfalls auf Liechtenstein anwendbar waren. Dabei handelte es sich, vom GATT abgesehen, um punktuelle schweizerische Markterweiterungen über die Schweiz hi- naus.Dies – und damit auch unsere zollvertraglich gesuchte Markter- weiterung in den schweizerischen Raum – hat sich grundlegend geän- dert, seitdem die Schweiz selbst sich dem 18 europäische Länder umfas- senden (Liechtenstein nicht mitgezählt) europäischen Markt mit 350 Mio. Einwohnern geöffnet hat und sozusagen dessen Teil geworden ist. De facto exportiert Liechtenstein heute 19 Prozent der ausgeführten In- dustrieprodukte in die Schweiz, gesamthaft 76 Prozent in den EG- EFTA-Grossraum. «Zoll wird innerhalb des europäischen Raumes zu einem Fremdwort werden.» (Georg Malin) Die Markterweiterung, wie sie seinerzeit in die Schweiz hinein gesucht worden war, erstreckt sich heute über ganz Westeuropa, die Schweiz und Liechtenstein mitein- schliessend. Dies hat einen unausweichlichen Substanzverlust unseres beiderseitigen Zollvertrages zur Folge, und zwar in dem Masse, als sich die Schweiz selbst in die umgreifende wirtschaftliche Integration bege- ben hat und weiter begibt. Dieser Markt wird bald mehr Sachbereiche abdecken als unser Zollvertrag mit der Schweiz. Was bleibt, ist die Schale der Anwendbarkeit der schweizerischen Vorschriften in Liechtenstein und das Vertretungsrecht der Schweiz für Liechtenstein. Und dieses Ver- tretungsrecht, ursprünglich in einer individualistisch aufgebauten Staa- 86Texte 
aus dem Nachlass von Gerard Batliner
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.