Volltext: Was will Liechtenstein sein?

feierlich. In den USA war 1961 ein neuer Präsident angetreten, John F. Kennedy. Bei seiner Inauguration artikulierte er die Verantwortung für die ganze Welt. Er sprach von der «Fackel» der Freiheit (und Gleichheit und Geschwisterlichkeit). In Rom hatten sich 1962 mit Papst Johan nes XXIII. die 2500 Bischöfe des Erdkreises zum II. Vatikanischen Konzil versammelt. In der Geschichte der Kirche neuartig, wandte es sich (be- sonders in der Konstitution «Kirche in der Welt») nicht mehr an die Ka- tholiken und Gläubigen, sondern an die Menschen. «Die Würde des Menschen ist unantastbar.» (Erster Satz des deutschen Grundge setzes 1949) Es waren faszinierende Jahre des Aufbruchs. Das Bedürf nis daran teilzunehmen, nicht abseits zu stehen, erfasste auch manche von uns. Unser Land war in den grossen Kriegen heil davongekommen. Wir hatten Wohlstand, wie ihn keine Generation vor uns gekannt hatte, weit mehr als andere. Der Wille, ein wenig zu teilen oder ein wenig vom Überfluss abzugeben, hatte auch etwas Kompensatorisches. Zugleich meinte sich unser im Übrigen sehr verletzliches Land anderen anderswie Ungeschützten verbunden. Vor allem aber war Solidarität mit den Be- nachteiligten gefragt. Sicher trägt die heutige Wahrnehmung der dama - ligen Zeit auch subjektive Züge, wenn ich das Empfinden und Erleben und die Motive des Handelns wiedergebe. Damals entstand der Liechtensteinische Entwicklungsdienst LED als Gemeinschaftsprojekt von liechtensteinischer Zivilgesellschaft und Staat. Die Zivilgesellschaft war vertreten durch den neuen Verein «Welt und Heimat». Der Name war von Robert Allgäuer vorgeschlagen wor- den – dem Titel eines damaligen Geschichtsbuches entsprechend. Zum Stiftungskapital von 50000 Franken trug der Staat 49000 Franken bei und der Verein 1000 Franken. Als erste Entwicklungshelferin meldete sich eine sehr qualifizierte, engagierte, zivilcouragierte Frau aus Eschen, Ingrid Allaart, heute Gemeinderätin in Mauren, für einen Einsatz im da- mals vom Bürgerkrieg schwer verwundeten Algerien. Natürlich sollen die Missionare und Missionsschwestern erwähnt sein, die lange vor dem LED in allen Kontinenten Ärmsten beigestanden und mitgeholfen ha- ben, Schulen und Spitäler zu bauen und zu betreiben. Ihnen allen sowie allen Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfern und Mitwir- kenden des LED gebühren heute unser grosser Dank und unsere Glück- wünsche. Heute, mehr noch als damals, kann kein Staat gänzlich allein stehen (Kofi Annan), auch kein Volk, und das Wirken des LED ist aktuell. 204Texte 
aus dem Nachlass von Gerard Batliner
	        

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