Volltext: Was will Liechtenstein sein?

Gesteins und der Landschaft sind aber auch fruchtbar für die Vielfalt von Leben – ich erinnere an die Ausführungen von Broggi über die liechtensteinische Flora –, doch auch Anarchisches, Ungeordnetes und Nachgiebiges und Anpasserisches gedeihen. Georg Malin hat für die Ur- geschichte ausgemacht, dass unser Gebiet nie im Zentrum mächtiger Kulturen, sondern immer im Feld der Ausläufer gelegen war und Über- gänge gewährte, das mit anderem leben musste. Ist dies zur zweiten Na- tur geworden, dass wir erschrecken, wenn der Fürst wie ein General mu- tige Worte über den Rhein schleudert? Diese Unbekümmertheit in den Äusserungen hat etwas Erfrischendes. Andererseits kann die fürstliche Familie, die aus dem weiten östlichen Raume kommt, von den Erfah- rungen unseres Landes lernen, von der Realität der Grenzen, der Ver- letzlichkeit dieses kleinen Territoriums. Sollte es sein, dass uns eine offene, argumentierende und den Nächsten doch achtende Kultur abgeht, so würde eine solche Situation uns in hohem Masse unfähig machen, die Dinge und Probleme wirklich in Wahrheit zu identifizieren und zu bewältigen. Wir wissen es aus der Psychologie – in der Kenntnis solcher Schwäche hilft nicht Halbheit, sondern nur eine radikale Änderung des Verhaltens, wenigstens in eini- gen zu erprobenden Bereichen, um die diagnostizierte Schwäche rational zu bewältigen. Wir brauchen solche Rationalität angesichts der an- und bevorstehenden Fragen. Wir müssen dem Fürsten danken, dass er manche Fragen der Ver- fassung zum Problem macht, und wir uns klar werden müssen über un- sere Institutionen, insbesondere den Landtag, die Regierung und deren Kompetenzen und den Kurs. Der Fürst weckt uns aus unserer Trägheit. Er erspürt wohl richtig einen akuten Handlungsbedarf bei den zuständi- gen politischen Instanzen. Das ändert nichts daran, dass es umgekehrt sein müsste: die Demokratie als das dynamische aktive Element, und die Monarchie als das weniger täglich sich in Erinnerung rufende, weil aus längeren Zeiträumen kommende Element, die Monarchie als das Bewah- rende, Ausgleichende, Mitte Bildende, der «pouvoir neutre» (Benjamin Constant) im Staat. Sonst nutzt sich die Monarchie ab. Auf der anderen Seite hat unsere Weichheit auch etwas Positives, Gütiges, ich möchte sagen 
Humanitäres. Weichheit kann Milde sein. Sie schreckt zurück, unrücksichtsvoll zu sein, und opfert dafür lieber die Wahrheit. Liechtenstein hat bereits eine Tradition des Humanitären. Ich denke an das Verhalten Liechtensteins gegenüber den Russen nach dem 133 
Gedanken zu aktuellen Problemen des Fürstentums Liechtenstein
	        

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