Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

praxis.56Allerdings hat der Staatsgerichtshof klargestellt, dass die in der Praxis besonders wichtige fremdenpolizeiliche Benachteiligung von Aus ländern gegenüber Einheimischen keine solche qualifizierte Dis kri - mi nierung darstellt. Folglich kann das Ausländerrecht im Grund satz nach wie vor nur einer Willkürprüfung unterzogen werden.57 Als Konsequenz aus dem gegenüber dem Gleichheitsgebot letztlich doch originären Anwendungsbereich des Willkürverbots hat der Staats - ge richtshof kürzlich das Willkürverbot als eigenständiges un ge schrie be - nes Grundrecht anerkannt.58Der Staatsgerichtshof hat damit gewisser - mas sen den traditionellen, durch den österreichischen Einfluss beding - ten positivistischen «Bann»59gegen ungeschriebenes Verfassungs recht60, jedenfalls gegen ungeschriebene Grundrechte61, gebrochen. Da bei hat er sich an die Rechtsprechung des schweizerischen Bundes ge richts zu den ungeschriebenen Grundrechten angelehnt. Danach sind «für den Einzelnen fundamentale, im Verfassungstext nicht erwähnte Rechts - schutzbedürfnisse direkt als ungeschriebene Grundrechte anzu er ken - nen, anstatt sie aus thematisch mehr oder weniger verwandten positiv normierten Grundrechten abzuleiten»62. Indessen hat der Staats ge richts - hof auch schon früher sehr wohl – wenn auch stillschweigend – unge - schrie benes Verfassungsrecht anerkannt. Abgesehen von dem in der Lite ra tur mehrfach zitierten Beispiel des Grundsatzes der unmittelbaren innerstaatlichen Geltung des Völkerrechtes63gilt dies insbesondere für die schon erwähnten, von der modernen Grundrechtsdoktrin postulier - 78Hilmar 
Hoch 56StGH 1994/6, LES 1995, 16 (19 Erw. 4.2). 57StGH 1999/2 Erw. 3.2 mit Verweis auf Kälin, Ausländerdiskriminierung, S. 574 f. 58StGH 1998/42, LES 2000, (6 Erw. 4.2 ff.) – ebenfalls abgedruckt im Schweizerischen Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht (ZBl.) 1999, S. 586 ff. sowie in Jus & News 3/99, S. 243 ff. mit ausführlichem Kommentar von Andreas Kley. 59So Hoch, Rezension Frick, S. 52. 60Siehe StGH 1970/2 ELG 1967–1972, 256 (259 Erw. 4) sowie Frick, S. 4 f. 61Im Bereich von Organisation und Zuständigkeiten wird für ungeschriebenes Verfas - sungs recht wohl, wenn überhaupt, nur ein sehr eingeschränkter Spielraum bestehen; siehe Batliner, Fragen, S. 12 Rz. 6. 62StGH 1998/42, LES 2000, 1 (6 Erw. 4.4) mit Verweis auf Kley, S. 68 f.; vgl. hierzu Hoch, S. 106 f. sowie auch schon Fehr, S. 192 f. Allerdings hat das Bundesgericht gerade dem Will kür verbot trotz entsprechenden Forderungen in der Lehre den Status eines unge - schrie benen Grundrechtes verweigert; siehe hierzu Thürer, S. 434. 63Siehe Batliner, S. 146; vgl. Thürer, Völkerrechtsordnung, S. 109. Dass der Staatsgerichts - hof in der unveröffentlichten StGH-Entscheidung 1977/4 (S. 10) offen gelassen hat, ob es ein ungeschriebenes Recht auf Ehe gibt, ist wohl eher als dogmatisches Versehen zu werten; vgl. hierzu auch Höfling, Bestand, S. 104.
	        

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