Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

vertretbaren und einer qualifizierten falschen Entscheidung überschrit- ten sei. Der Gesetzgeber räume nämlich dem Staatsgerichtshof nicht die Möglichkeit ein, offensichtlich unbegründete Verfassungsbeschwerden ohne nähere Begründung keine Folge zu geben.202Der Willkürraster ist gröber bzw. nicht so fein wie der Prüfungsraster bei der (spezifischen) Grundrechtsprüfung. So ermöglicht eine spezifische Grundrechtsrüge in der Regel eine eingehendere Kontrolle als das Willkürverbot.203Dem Willkürverbot liegt der es begrenzende Gedanke zugrunde, als «letzte Verteidigungslinie des Rechts gegenüber derart offensichtlichem Unrecht zu dienen, das in einem modernen Rechtsstaat nicht zu tolerie- ren ist».204Aus dieser Funktion als «Auffanggrundrecht» erklärt und recht fertigt sich die Prüfungsbeschränkung. Der Staatsgerichtshof prüft demnach eine gerichtliche Entscheidung im Rahmen des Willkürverbots nur daraufhin, ob von einer «gerade noch vertretbaren» oder (schon) von einer «qualifiziert falschen» Entscheidung gesprochen werden muss. In diesem Zusammenhang hält er beispielsweise fest, dass eine Ver let - zung des Willkürverbots nicht schon vorliege, wenn sich die gerichtliche Entscheidung auf «vertretbare» Gründe stütze oder wenn die vom Ge - richt getroffene Sachverhaltsfeststellung, die auch einen Verstoss gegen das Willkürverbot darstellen kann,205«genügend plausibel» sei. Denn Willkür sei nicht schon dann gegeben, wenn der Staatsgerichtshof eine gerichtliche Entscheidung als unrichtig qualifiziere. Eine solche («Ver - tretbarkeits»)kontrolle meint der Staatsgerichtshof, wenn er von einem «groben Willkürraster» spricht.206Es gibt keine feste Regel, die angeben 58Herbert 
Wille 202StGH 1995/28, Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1/1998, S. 6 (11); vgl. auch StGH 1998/44, Urteil vom 8. April 1999, veröffentlicht in: Jus & News 1/1999, S. 28 (35). 203StGH 1998/19, Urteil vom 23. November 1998, LES 5/1999, S. 282 (285 f.). In StGH 1998/29, Urteil vom 3. September 1998, LES 5/1999, S. 276 (282), ist von einem «gro- ben Willkürraster» die Rede. 204In diesem Sinne StGH 1995/28, Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1/1998, S. 6 (11) un- ter Bezugnahme auf Höfling, Die liechtensteinische Grundrechtsordnung, S. 220 f. und Daniel Thürer, Das Willkürverbot nach Art. 4 BV, ZSR Bd. 106 [1987], II. Halbband, S. 449 und 461 ff.). 205StGH 1998/29, Urteil vom 3. September 1998, LES 5/1999, S. 276 (281) und StGH 1998/44, Urteil vom 8. April 1999, Jus/News 1/99, S. 28 (35). 206StGH 1995/28, Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1/1998, S. 6 (11); StGH 1997/23, Urteil vom 29. Januar 1998, LES 5/1998, S. 283 (286 f.); StGH 1998/29, Urteil vom 3. September 1998, LES 5/1999, S. 276 (282); StGH 1998/45, Urteil vom 22. Februar 1999, LES 1/2000, S. 1 (6 f); StGH 1998/63, Entscheidung von 27. September 1999, LES 2/2000, S. 63 (66) und StGH 1998/65, Urteil vom 3. Mai 1999, LES 1/2000, S. 8 (11); zum Begriff der Vertretbarkeitskontrolle siehe Schneider, S. 2105.
	        

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