Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

entspricht es, wenn der Staatsgerichtshof von einem «Konkreti sie rungs - primat» des Gesetzgebers166ausgeht und die «Rechtspolitik» dem Ge - setz geber überlässt. Für ein solches Abgrenzungsverhalten spricht auch ein Verfassungsverständnis, das den Umstand berücksichtigt, dass die liechtensteinische Verfassung eher leicht abänderbar ist,167so dass das Bedürfnis nach einer Weiterentwicklung der Verfassung durch Konkre - ti sierung bzw. Interpretation des Staatsgerichtshofes nicht so gross sein dürfte wie in Ländern mit schwer abänderbaren Verfassun gen wie z.B. diejenige der Schweiz. Auch die direktdemokratischen Ein rich tungen der Initiative und des Referendums auf Verfassungs- und Gesetzes ebene sind in diesem Zusammenhang in Betracht zu ziehen. Es ist der Staats - gerichtshof selber, der der «Referendumsdemokratie» einen auffallend grossen Stellenwert im Gesetzgebungsverfahren beimisst, wie dies zwei Ent scheidungen aus jüngster Zeit unterstreichen.168Aus dieser Einschät - zung folgt, dass im Zweifel zugunsten der Gesetzgebung und nicht ge- gen die Gesetzgebung zu judizieren ist.169 Es spielen in der Praxis auch andere Überlegungen eine gewichtige Rolle. Eine «richterliche Zurückhaltung» kann auch aus Gründen der «Folgenberücksichtigung» einer Entscheidung angebracht sein.170So sieht sich der Staatsgerichtshof zur richterlichen Zurückhaltung «im Sinne eines judicial self restraint» unter anderem dann veranlasst, wenn die Anerkennung von grundrechtlichen Ansprüchen mit besonders schwer wiegenden und für das Gericht gar nicht überschaubaren finan - ziellen Belastungen der öffentlichen Hand verbunden wäre.171In StGH 1993/3 äussert sich der Staatsgerichtshof dahingehend, dass die «verfas- sungsgerichtliche Zurückhaltung» allenfalls dann aufzugeben wäre, 50Herbert 
Wille ausführt: «Für das Verfassungsgericht ist nicht relevant, ob diese Regelung (Kosten - ersatz pflicht des LVG) besonders zweckmässig ist und ob allenfalls ein umfassender Kostenersatzanspruch im Sinne der Beschwerdeausführungen rechtspolitisch wünsch- bar wäre. Die Entscheidung hierüber ist Sache des Gesetzgebers, und der Staats ge - richts hof hat sich nicht an dessen Stelle zu setzen.» 166Diese Formulierung stammt von Reinhold Zippelius, Recht und Gerechtigkeit in der offenen Gesellschaft (Schriften zur Rechtstheorie; Heft 163), Berlin 1994, S. 408. 167Siehe Art. 111 Abs. 2 LV. 168StGH 1996/29, Urteil vom 24. April 1996, LES 1/1998, S. 13 (17) und StGH 1997/42, Urteil vom 18. Juni 1998, LES 2/1999, S. 89 (94). 169So auch Scholz, S. 1208 f. 170Vgl. Literatur und Rechtsprechung bei Wille, Normenkontrolle, S. 63 ff. 171StGH 1994/19, Urteil vom 11. Dezember 1995, LES 2/1997, S. 73 (76).
	        

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