Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

2. Staatsgerichtshof und Gesetzgeber a) Position der Zurückhaltung Die vom Staatsgerichtshof bisher gegenüber dem Gesetzgeber prakti- zierte «Zurückhaltung» bzw. «Selbstbeschränkung» hat unter anderem ihren verfassungsrechtlichen Ansatzpunkt in der demokratischen Legiti - ma tion des Gesetzgebers159und im Gewaltenteilungsgrundsatz, wonach dem Gesetzgeber ein eigenständiger Verantwortungsbereich zur Verfas - sungs entfaltung zusteht, der vom Staatsgerichtshof nur kontrolliert, nicht aber in Zweifel gezogen werden darf.160Der Staatsgerichtshof hat diesen gesetzgeberischen Bereich bisweilen mit «Ermessen des Gesetz - gebers» als «politische Ermessensfrage»161oder mit «gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit»162und in neuester Zeit mit «Gestaltungs spiel raum des Gesetzgebers»163umschrieben. Diese Zurückhaltung wird in der ne- gativen Abgrenzung zum Gesetzgeber in die Formel gefasst, dass sich der Staatsgerichtshof nicht «an die Stelle des Gesetzgebers» setzen kön- ne und dürfe.164Aus dem gleichen Grund hat der Staats gerichts hof einer Beschwerdeführerin entgegengehalten, sofern sie in ihren Be schwerde - ausführungen «rechtspolitische Forderungen» geltend mache, könnten sie sich nur an den Gesetzgeber wenden.165Diesem Rollen ver ständ nis 49 
Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein 159Vgl. StGH 1993/3, Urteil vom 23. November 1993, LES 2/1994, S. 37 (38), wo der Staats gerichtshof ausführt: «Allerdings ist zu beachten, dass sich das Verfassungsgericht gegenüber dem Gesetzgeber stärker als bei der Überprüfung von Einzelakten Zurück - hal tung auferlegen muss. Dem Landtag kommt aufgrund der direkten Volks wahl seiner Mitglieder höchste demokratische Legitimation zu. Er muss deshalb einen grossen Spielraum bei der Ausgestaltung der Gesetzesvorlagen beanspruchen können». Dazu ist allerdings anzumerken, daß bei dieser Betrachtungsweise der Landesfürst als Mit ge - setz geber ausgeblendet bleibt. 160Vgl. z.B. StGH 1991/15, Urteil vom 2. Mai 1991, LES 3/1991, S. 77 (80). 161StGH 1987/12, Urteil vom 11. November 1987, LES 1/1988, S. 4 (6). 162StGH 1996/30, Urteil vom 20. Februar 1997, LES 4/1997, S. 207. 163StGH 1997/13, Urteil von 4. September 1997, LES 5/1998, S. 258 (262); StGH 1997/14, Urteil vom 17. November 1997, LES 5/1998, S. 264; StGH 1997/32, Urteil vom 2. April 1998, LES 1/1999, S. 16 (18). 164StGH 1977/4, Entscheidung vom 19. Dezember 1977, nicht veröffentlicht, S. 9; StGH 1988/16, Urteil vom 28. April 1989, LES 3/1989, S. 115 (118); StGH 1991/15, Urteil vom 2. Mai 1991, LES 3/1991, S. 77 (80); StGH 1998/2, Urteil vom 19. Juni 1998, LES 3/1999, S. 158 (163). 165StGH 1994/12, Urteil vom 4. Oktober 1994, LES 1/1995, S. 30 (33). So auch in StGH 1998/2, Urteil vom 19. Juni 1998, LES 3/1999, S. 158 (163), wo der Staatsgerichtshof
	        

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