Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

ihm aus dieser Analyse zu ziehenden rechtlichen Folgerungen grund - sätz lich andere sind als bei einer ordentlichen Gerichtsinstanz. Eine von «vornherein eingeschränkte Prüfung von Willkürbeschwerden» würde nämlich eine «Rechtsverweigerung» bedeuten.121Danach hat der Staats - ge richts hof im Verfassungsbeschwerdeverfahren gemäss Art. 23 StGHG spezifisch zu prüfen, ob eine ihm vorgelegte Entscheidung gegen eines der von der Verfassung garantierten Grundrechte verstösst.122Es ent- spricht der Stellung des Staatsgerichtshofes als einem Verfassungsgericht mit spezifischen Kompetenzen, dass er im Zweifelsfall erst angegangen werden kann, wenn die unteren Instanzen durchlaufen sind bzw. der Instanzenzug erschöpft ist.123 Die Verfassungsbeschwerde eröffnet jedermann den Zugang zum Staats gerichtshof. Dass der Individualrechtsschutz ein Anliegen von Wilhelm Beck gewesen ist, wie dies sein Verfassungsentwurf verdeut- licht, ist schon mehrmals erwähnt worden. Er formulierte die Verfas - sungs beschwerde noch als staatsrechtliche Beschwerde, ohne dass er ihr damals (1919) einen Bezug zur Normenkontrolle gegeben hätte. Die Verfassungsbeschwerde geht denn auch häufig nicht auf Normen kon - trolle, sondern richtet sich primär oder ausschliesslich gegen letztin- stanzliche Entscheidungen oder Verfügungen von Gerichts- und Ver - wal tungs behörden, deren Verfassungsmässigkeit vom Beschwerdeführer in Zweifel gezogen wird. Art. 23 des Staatsgerichtshofgesetzes wurde im Nachgang zur und aufgrund der Normenkontrollkompetenz des Staats - ge richtshofes gemäss Art. 104 Abs. 2 der Verfassung auch in der Weise gestaltet, dass er eine Verletzung eines verfassungsmässig garantierten 39 
Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein 121So StGH 1995/28, Urteil vom 24. Oktober 1996, LES 1/1998, S. 6 (11); vgl. auch StGH 1998/44, Urteil vom 8. April 1999, veröffentlicht in: Jus & News 1/1999, S. 28 (35). In StGH 1993/1, Urteil vom 23. März 1993, LES 3/1993, S. 89 (90) hiess dies noch: «Der StGH kann im besonderen Entscheidungen, die in richterlicher Unabhängigkeit ge- troffen sind, nur daraufhin prüfen, ob das Gesetz denkunmöglich oder so unsachlich grob verfehlt angewendet wurde, dass die resultierende Sachentscheidung einer will- kürlichen, erweislich verfassungswidrigen oder im konkreten Fall erkennbar, speziell unsachlichen Rechtsprechung gleichkäme, wodurch der Urteilsfindung ein so schwerer Fehler unterliefe, der mit erweislicher Gesetzwidrigkeit gleichzusetzen wäre. Hingegen hat der StGH nicht einfach als zusätzliche meritorische Instanz zur Verfügung zu ste- hen. Versuche, mit dem Willkürvorhalt eine weitere instanzenmässige Sach- und Rechtsprüfung zu erwirken, müssen ins Leere gehen und können keinen Erfolg haben.» 122StGH 1996/38, Urteil vom 24. April 1997, LES 4/1998, S. 177 (180). 123StGH 1983/3, Beschluss vom 15. September 1983, LES 2/1984, S. 31 und StGH 1983/5/V, Urteil vom 5. Dezember 1983, LES 3/1984, S. 68.
	        

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