Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

den «Hüter der Verfassung» seine Fortsetzung fand,2wurde dem Kon - struk teur der Reinen Rechtslehre Unterstützung zuteil unter anderem von Adolf Merkl. Merkl forderte einen gerichtlichen Schutz der höchs - ten Stufe der Rechtsordnung und eine Verfassungsgerichtsbarkeit, die gewährleiste, dass die niederrangigen Staatsakte verfassungskonform seien. Auf diese Weise erst würde das Verfassungsrecht zu einem jus co- gens. Die Verfassungsgerichtsbarkeit erschien ihm als «die Krönung der Jus tiz organisation, ebenso wie die Verfassung die Krone des Rechts ge - bäu des» sei.3 Das war 1928, das heisst zu einem Zeitpunkt, in dem das Fürsten - tum Liechtenstein bereits drei Jahre über einen Staatsgerichtshof verfüg- te, dessen Kompetenzfülle nicht nur damals – in einer quantitativ be- scheidenen Vergleichsgruppe mit Österreich und der tschechoslowaki- schen Republik –, sondern eigentlich bis zur Errichtung des deutschen Bundesverfassungsgerichts 1951 konkurrenzlos war.4Die wohl zentrale Differenz zum österreichischen Verfassungsgerichtshof markierte schon zur damaligen Zeit die umfassende Befugnis des Staatsgerichtshofs zum Schutz der verfassungsmässigen Rechte (Art. 104 Abs. 1 1. Alt. LV). Nicht zuletzt dieses «liechtensteinische Modell» der Verfassungs ge - richts barkeit5ist tragender Grund für die vielfach vorgenommene Wer - tung, die Vorschriften über die Einrichtung und den Status eines Staats - 139 
Die Verfassungsbeschwerde als Rechtsschutzinstitut 2Vgl. dazu Carl Schmitt, Das Reichsgericht als Hüter der Verfassung (1929), in: ders., Ver fassungsrechtliche Aufsätze, 2. Aufl. 1973, S. 63 ff.; dens., Der Hüter der Verfassung, 1931 einerseits und Hans Kelsen, Wer soll der Hüter der Verfassung sein?, 1931, andererseits. 3Adolf Merkl, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 5 (1928), 97 (100, 102); zum Ganzen auch Josef Isensee, Verfassungsgerichtsbarkeit in Deutschland, in: Wieser/Stolz (Hrsg.), Ver - fas sungsrecht und Verfassungsgerichtsbarkeit an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. Sym posion aus Anlass des 60. Geburtstages von Herrn Richard Novak, 2000, S. 15 (15 ff.). 4Siehe dazu Wolfram Höfling, Die liechtensteinische Grundrechtsordnung, LPS 20 (1994), S. 33 mit FN 74; vgl. ferner etwa Ludwig K. Adamovich, Verfassungs gerichts - barkeit in Österreich, in: Wieser/Stolz (Hrsg.), Verfassungsrecht und Verfassungsge - richts barkeit an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, aaO, S. 7 ff. (7): «Versetzen Sie sich bitte mit mir in die 20er Jahre dieses Jahrhunderts. Die Republik Österreich und die neu geschaffene tschechoslowakische Republik haben sich neue Verfassungen gegeben; da wie dort wurde ein Verfassungsgerichtshof geschaffen. Das kleine Fürstentum Liechtenstein erhält mit seiner Verfassung von 1921 einen Staatsgerichtshof. Aber sonst will sich die Idee der Verfassungsgerichtsbarkeit, die Hans Kelsen leidenschaftlich ver- tritt, und für die 1885 schon Georg Jellinek eingetreten war, nicht durchsetzen; im Gegenteil, sie findet herbe Kritik, gerade im deutschsprachigen Raum». 5So Gerard Batliner.
	        

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