Volltext: Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein

einer «Rechtsprechung unmittelbar in Verfassungssachen».27Charak te - ris tisch für das Verfahren vor einem Verfassungsgericht ist, dass das Verfassungsrecht den «Kern des Rechtsstreits» bzw. die «Verfassung un- mittelbar als das zu schützende Rechtsgut» den Gegenstand des Rechts - streits bildet.28 Im folgenden wird in kurzen Zügen die Entwicklung der liechten- steinischen Verfassungsgerichtsbarkeit 
nachgezeichnet. II. Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit 1. Vorstufen der Verfassungsgerichtsbarkeit a) «Ministeranklage» Im Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts war man der Auffassung, dass der richtige Weg gegenüber einer Verfassungsverletzung seitens der Regierung das Prinzip der Ministerverantwortlichkeit sei. In den mei- sten Staaten des Deutschen Bundes blieb denn auch die Verfassungs ge - richts barkeit bzw. Staatsgerichtsbarkeit auf die Ministeranklage be- schränkt, indem zur Entscheidung besondere Staatsgerichtshöfe oder ein höchstes Gericht berufen waren.29In der Konstitutionellen Verfassung des Fürstentums Liechtenstein von 1862 sind die «Anklage wegen Ver - fassungs- und Gesetzesverletzungen der verantwortlichen Staatsdiener» (§ 40 Bst. d) bzw. die «Beschwerden gegen Staatsdiener wegen Ver let - zung der Verfassung» (§ 42) lediglich als Anträge des Landtages an den Landesfürsten formuliert und zugestanden worden und sind in dieser Ausgestaltung ohne praktische Bedeutung geblieben. Dieses Institut ist nicht mehr als eine blosse «Anzeige»30an den Fürsten zu werten und kann nicht als eine Form der Verfassungsgerichtsbarkeit verstanden wer- den, da die «Abstellung», d.h. die Stattgebung der Beschwerde allein in der Entscheidung des Landesfürsten lag. Wenn der Beschwerde nicht 14Herbert 
Wille 27Eichenberger, S. 437; vgl. auch Schlaich, Bundesverfassungsgericht, S. 8/Rdnr. 9. 28Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 938. 29So Scheuner, Überlieferung der deutschen Staatsgerichtsbarkeit, S. 32; Friesenhahn, S. 14 und Wintrich/Lechner, S. 650. 30So Press, S. 93.
	        

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