Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Die Staatsform dieser Verfassung ausgeübt.»36 Die liechtensteinische Verfassung stellt somit eine Mischverfassung37 mit Elementen der klassischen Gewalten­ teilung dar, die von 
Batliner auch als elliptische, duale oder dualistische Staatsform bezeichnet wird.38 In der liechtensteinischen Verfassung - und in der liechtensteinischen Realität - existieren zwei (in ihrer Macht eingeschränkte) oberste Staatsorgane, zwischen denen im politischen Entscheidungsprozess ein Ausgleich gefunden werden muss.39 Diese duale Staatsform wirft eine ganze Reihe von Kompetenzfragen auf. Zunächst erscheint es als ein unmögliches Unterfangen, wenn eine Verfassung zwei oberste Staatsorgane benennt. Überwiegt die Kompe­ tenz eines der beiden Organe, kann im Extrem- bzw. Konfliktfall das andere Staatsorgan machtlos dastehen. Wir müssen daher sehr genau untersuchen, wie die Befugnisse auf demokratischer und monarchisti­ scher Seite in der Verfassung geregelt sind. Besonders wichtig ist dabei auch die Frage, ob eines der beiden Staatsorgane einen Kompetenzvor­ rang in der Verfassung hat und was im Falle eines Konfliktes zwischen den beiden obersten Staatsorganen passiert. Nicht minder wichtig ist die Frage des Verhältnisses von Landesfürst und Volk bzw. Landtag zur Re­ gierung. Nachdem die Regierung im demokratischen Staat in der Regel eine hohe Gestaltungskraft besitzt, ist es auch entscheidend, wie intensiv und entscheidend der Landesfürst und das Volk bzw. der Landtag auf die Tätigkeit der Regierung einwirken können. Erst wenn wir das Beziehungsgeflecht der einzelnen Verfassungs­ organe entschlüsselt haben, können wir den Stellenwert des Landtages und dementsprechend auch der Landtagswahlen bestimmen. Die Judika­ tive klammern wir im Folgenden weitgehend aus, obwohl die Gerichts­ barkeit selbstverständlich einen ganz wesentlichen Aspekt der Gewal­ tenteilung abdeckt. Im Zusammenhang mit dem Wahlverhalten und den 36 An. 2 LV. 37 Vgl. Riklin 1987. 38 Batliner 1994: 42. Diese Bezeichnung ist in liechtensteinischen Verfassungskommenta­ ren gebräuchlich. Vgl. u.a. lgnor 1987: 482; Wille 1993b, 1994. 39 In der Literatur wird oft von zwei Souveränen gesprochen. Doch bereits 1924 hat Marxer explizit den Begriff der Souveräne vermieden und stattdessen die Machtträger als oberste Staatsorgane bezeichnet (Marxer 1924). In der neueren Literatur wehrt sich vor allem Batliner gegen die leichtfertige Verwendung des Begriffs «Souverän», da er dem System der kontrollierten Macht nicht mehr gerecht wird. Er schreibt: «Im Verfas­ sungsstaat, auch im monistischen mit einer höchsten Gewalt im Staat, gibt es keinen Souverän mehr ... Alles läuft gemäss, unter und innerhalb der Verfassung. Niemand steht darüber, auch nicht in Liechtenstein.» Batliner 1994: 56 f. 35
	        

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