Volltext: Wahlverhalten und Wahlmotive im Fürstentum Liechtenstein

Bestehende Wahltheorien sehen Sachfragen (Issues) oder bei Zuordnungen auf einer Links-Rechts- Achse gesucht wird. Das rationale, eigennützige Individuum sollte diejenige Partei wählen, die inhaltlich am ehesten die eigene Haltung repräsentiert. Weiters kann die System-, Demokratie- oder Politikzufrie­ denheit erhoben werden, um Assoziationen zwischen individueller Zufriedenheit und politischer Unterstützung bestehender Machtverhält­ nisse festzustellen. Wer mit den politischen Verhältnissen zufrieden ist, sollte eher Grund haben, Parteien der amtierenden Regierung zu wählen als Unzufriedene. Das Postulat der rationalen Entscheidung von individuellen Wähler­ innen widerspricht in seiner Kernaussage eklatant der Determinierung des Wahlentscheides durch den soziostrukturellen Hintergrund oder dem überragenden Einfluss der affektiven Parteiidentifikation in den beiden anderen Theorierichtungen. Der Rationalitätsbegriff in der öko­ nomischen Theorie ist jedoch so weit gefasst, dass sich die Grenzen zwangsläufig vermischen. Denn als rational gilt nicht allein eine objektiv als rational zu bewertende Entscheidung, sondern mitunter auch eine Entscheidung, die von aussen als irrational und interessenschädigend eingestuft werden müsste. Dies fängt bereits mit dem als 
«paradox of voting» bezeichneten Widerspruch an, dass jemand überhaupt an die Urne geht. Der unmittelbare Nutzen für das Individuum ist in der Regel viel geringer als der Aufwand, der für den Urnengang betrieben werden muss. 
Downs erklärt diesen Widerspruch, indem er den gesamtgesell­ schaftlichen Nutzen und das Verantwortungsgefühl für die Gemein­ schaft in die individuellen Nutzenüberlegungen miteinbezieht.348 Vor allem aus der kommunikationswissenschaftlichen Richtung stammt die Unterscheidung zwischen einer wissenschaftlichen und einer sozialen Rationalität.349 Wenn sich beispielsweise die Wählerschaft vom Image von Spitzenkandidaten leiten lässt, fällt sie eine aus ihrer Sicht durchaus rationale Entscheidung. Sie wählen diejenigen Politiker oder diejenige Partei, die ihnen unter Einbezug vieler Entscheidungsaspekte den besten Eindruck machen. Ob es sich dabei jedoch tatsächlich um eine Entscheidung handelt, die objektiven Kriterien zufolge mit ihrer Interessenlage übereinstimmt, ist eine andere Frage. 348 Vgl. ausführlich die Kritik am Rational-Choice-Ansatz bei Schloeth 1998: 89 ff. 349 Vgl. dazu Kepplinger u.a. 1994. 147
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.