Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

können darüber, welchen Abgeordneten (und welcher Partei) es bei den nächsten Wahlen wieder sein Vertrauen schenkt. Dies alles bedarf der Transparenz des Parlaments, der Parlamentsöffentlichkeit, es «gibt keine heimliche Repräsentation».182 Wenn der Repräsentant hinter verschlossenen Türen agiert, erfährt das Volk nicht, wie es repräsentiert wird, wie der Repräsentant seine Verantwortung wahr­ nimmt bei den eigenen Parlamentsentscheidungen und bei der parla­ mentarischen Kontrolle über andere Entscheidungsträger; das Volk bedarf der Information darüber, wie seine Repräsentanten die kleinen und grossen Probleme der Nation behandeln, ob sie den Blick über den Tag hinaus haben oder sich gleich einer Windfahne nach dem jeweils stärkeren Wind richten, ob sie das Interesse und Wohl des Ganzen oder ob sie nur persönliche Interessen und ihre Macht im Auge haben. Parlamentsöffentlichkeit ist nicht bloss Entscheidungs-, sondern volle Verbandlungsöffentlicbkeit.m Sie ist gegenseitiges Messen der Argu­ mente der Abgeordneten untereinander vor der Öffentlichkeit und vermittelt Einblick in die Regeln und den Stil der Auseinanderset­ zung. Die Verhandlungsöffentlichkeit erlaubt es den Abgeordneten ferner, den (von ihnen erwarteten) Informationsvorsprung, ihre Ge­ dankengänge und Haltung, den Meinungs- und Willensbildungspro- zess und die Beschlüsse, auch wenn sie von der Tagesmeinung abwei­ chen sollten, der Öffentlichkeit transparent und verständlich zu machen, und erlaubt es ebenso, auch von der Regierung Offenlegung ihrer Geschäfte vor dem Parlament und damit vor der Öffentlichkeit zu verlangen, und ermöglicht es damit, die Öffentlichkeit informiert mitgehen zu lassen (teaching function: Walter Bagehot), die öffent­ liche Diskussion zu vertiefen und die kritische Urteilskraft der Bevöl­ kerung zu stärken allgemein ebenso wie auch für Wahlen und Sach­ abstimmungen, in denen das Volk als organisierte Aktivbürgerschaft selbst entscheidet. Verhandlungsöffentlichkeit ist von ihrem Anspruch her mehr als öffentliche Demonstration zur Begründung oder Be­ kämpfung von in Geheimzirkeln vorgefassten und gebundenen Ent­ scheidungen, sondern ist echter vor der Öffentlichkeit ausgetragener Willensbildungsprozess, in welchem die Starke der Argumente der Abgeordneten und auch — wo nicht alles von der Regierungsmehr- 108 Stern, Bd. I, 752. 198 Kissler, 118—121; Steiger, 87f., 141f. 86
	        

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