Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

rung (Regierungsvorlagen) ausgeübt wird, gibt ihr eine starke Stel­ lung. Die meisten Vorlagen stammen von der Regierung. Alle Gesetze bedürfen der Gegenzeichnung des Regierungschefs (Art. 65 Abs. 1 und 85 Verf). Im Bereich des Verordnungsrechts ist die Regierung eine Art Untergesetzgeber. Rechtsverordnungen dürfen aber «nur im Rahmen der Gesetze erlassen werden» (Art. 92 Abs. 1 Verf), und die gesamte Verwaltungstätigkeit hat sich «innerhalb der Schranken der Verfassung und der übrigen Gesetze zu bewegen» (Art. 92 Abs. 2, auch 78 Abs. 1 und 90 Abs. 3 Verf).40 Die Gewichtsverlagerungen zwischen Parlament und Regierung sind weniger rechtlicher als fak­ tischer Natur. Davon wird bei den Funktionen des Parlaments näher die Rede sein. 40 Was diese Gesetzmässigkeit der Rechts Verordnungen und die Rechtsbindung der Verwaltung bedeuten, bedarf näherer Erläuterungen: Zum Verordnungsrecht hat der Staatsgerichtshof in einer Entscheidung im Zu­ sammenhang mit einer Zulassungsvorschrift im Gastgewerbe (E StGH 1968/3, ELG 1967—72, 239ff., bes. 243) es abgelehnt, dass die Regierung gesetzes­ ergänzende Rechtsverordnungen erlassen dürfe. In der Begründung hiezu führt der Staatsgerichtshof aus, dass zur Entlastung des eher schwerfälligen Parla­ mentes und zur Anpassung der Gesetzesanwendung in unserer schnellebigen und sich schnell entwickelnden Zeit, insbesondere zur Anpassung an die täglich neu entstehenden Bedürfnisse auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet, ein weitgehendes Verordnungsrecht der Exekutivbehörde notwendig sei. Und wei­ ter führt der Staatsgerichtshof wörtlich (S. 243) aus: «Aber auch die Delegation hat zur Voraussetzung, dass der Gesetzgeber den Rahmen zu bestimmen hat, innerhalb welchem die Verwaltung neuordnend eingreifen kann. Eine allge­ meine materielle oder formalrechtliche Delegation ist abzulehnen, da sie den Grundsatz der Gewaltentrennung verletzen würde. Die exekutive Gewalt würde dadurch in Rechte des Parlamentes eingreifen und dauernde Kompetenzkon­ flikte wären die Folge. Voraussetzung für eine Delegation ist also, dass der Gesetzgeber den Rahmen bestimmt, in welchem die Regierung Rechtsetzung im Verordnungswege vornehmen kann. Dies entspricht auch dem Wortlaut des Art. 92 Verfassung, der präzisiert, dass die Verordnungen ,nur im Rahmen der Gesetze erlassen werden dürfen'.» Ernst Pappermann kritisiert, wie im folgenden noch näher dargetan wird, die Begründung des Staatsgerichtshofs. Da die liech­ tensteinischen Juristen heute ihre Ausbildung in republikanischen Staaten erfah­ ren, könne es leicht geschehen, dass sie die Verfassung nach republikanischen und nicht nach konstitutionell-monarchischen Grundsätzen auslegen. Einer solch republikanischen Auslegung sei womöglich auch der Staatsgerichtshof in der oben genannten Entscheidung erlegen (Pappermann, Das Verordnungsrecht, 363; ders. auch Diss., 15). In 
Österreich kann die Regierung die Rechtsverordnungen aufgrund von Geset­ zen erlassen, und sie ist in ihrer gesamten Verwaltungstätigkeit an die Gesetze gebunden (Art. 18 österr. BV; Adamovich, 358f., 362ff.). In der 
Schweiz geht die herrschende Meinung dahin, dass die Rechtsverordnungen, die sich nicht direkt auf die Verfassung stützen, nur aufgrund von Gesetzen zulässig sind, und dass die gesamte Verwaltungstätigkeit gesetzlich abgestützt sein muss (vgl. Darlegungen und dort zitierte Literatur bei Pappermann, Diss., 66ff., 75ff.; Fleiner/Giacometti, 801ff.; Giacometti, 227ff., 248, 251, 257; Imboden/Rhinow, Bd. I, 354, 378ff.); eine Lösung der vollziehenden Gewalt aus der Bindung an 26
	        

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