Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

gung) des Fürsten30, wobei dem Parlament die Initiative zukommt. Die herrschende Meinung geht dahin, dass der Fürst nach seinem Ermessen einzelne oder alle Regierungsmitglieder ihres Amtes ent­ heben kann, ohne an einen Antrag des Parlaments gebunden zu sein.31 Dagegen ist die Frage umstritten, ob auch das Parlament einen Re­ gierungssturz herbeizuführen vermag, m. a. W. ob der Fürst ver­ pflichtet ist, Regierungsmitglieder zu entlassen, wenn das Parlament einen Amtsenthebungsantrag nach Art. 80 der Verfassung stellt (Miss- trauensvotum).32 Eine praktische Bedeutung kommt dieser Frage beim gegenwärtigen parteipolitischen Kräfteverhältnis, wo keine der Par­ teien über die Zweidrittelsmehrheit im Landtag verfügt, indessen kaum zu.33 Im rein parlamentarischen System kann das Parlament die Re­ gierung stürzen. Die Richter sind während ihrer Amtszeit politisch unabsetzbar. 30 Bestellung der Regierung (Art. 79 Abs. 2 Verf); Bestellung der Zivil- und Straf­ gerichte (§§ 1—4 GOG; Art. 101 Abs. 2 und Art. 102 Abs. 3 Verf); Bestellung des Präsidenten und seines Stellvertreters der Verwaltungsbeschwerde-Instanz (Art. 97 Verf); Bestellung des Präsidenten und seines Stellvertreters des Staats­ gerichtshofes (Art. 4 Abs. 1 und 4 StGHG; Art. 105 Verf). 31 Pappermann, Diss., 120ff. und dort zitierte Literatur; bes. Steger, 70, dortige Anm. 16. 32 Nawiasky, 5; Pappermann, Diss., 115, 121 ff-, 124; ders. Der Amtsenthebungs­ antrag, 607ff. (zu dessen Kompetenzvermutung generell auch Ausführungen hinten Anm. 40); Steger, 70, dortige Anm. 16; zum selben Schluss kommt Herbert Wille (Regierung und Parteien, in: LPS 6, 117, auch 75, 102, 112f., 114) aufgrund der Entstehungsgeschichte von Art. 80 Verf; gegen diese Auffassung vgl. LProt 1964 (3. 2. 1965), 567, sowie Bericht der Landtagskommission vom 15. 1. 1965 betr. die Verfassungsänderung (Verfassungsgesetz vom 3. 2. 1965, LGB1. 1965/22): Darin wird dargelegt, dass «die Regierung bzw. jedes einzelne Regierungsmit­ glied während der gesamten Amtsperiode das Vertrauen des Landesfürsten und des Landtages haben muss», wie die Regierung schon beim gemeinsamen Bestel­ lungsakt das Vertrauen beider Organe braucht. Es hat darnach eine Amtsent­ hebung stattzufinden, wenn «auch nur ein Teil — der Landesfürst oder das Parlament — der Regierung oder einem Regierungsmitglied das Vertrauen ent­ zieht». Ebenso Kieber, Verfassungs- und Verwaltungsaufbau, 50. Es ist fraglich, wie diese systematische Auslegung mit der Grammatik des Textes, dem Wort­ laut der Verfassung in Einklang gebracht werden kann, d. h. wie aus der Be­ stimmung, wonach der Landtag gegen ein Regierungsmitglied, das das Vertrauen des Landtags verliert, «beim Landesfürsten die Amtsenthebung des betreffenden Regierungsmitgliedes 
beantragen» (Hervorhebung vom Verfasser) kann, für den Fall eines solchen Antrages ein Müssen des Fürsten zur Amtsenthebung abzuleiten ist. Liegt die Entscheidung rechtlich (und ungeachtet des faktisch-politischen Spielraumes, den Ritter wohl meint: Diss., 43 Anm. 10) über den Antrag (!) nicht beim Fürsten? Es ist allerdings nicht zu übersehen, dass auch die rechtlich mögliche Ablehnung eines Amtsenthebungsantrags, der nur bei Anwesenheit von 2/a der Abgeordneten beschlossen werden kann, oder insbesondere ein Regieren gegen eine parteipolitisch anders zusammengesetzte Mehrheit im Landtag (vor allem seit Liechtenstein mit der Einführung des Verhältniswahlsystems 1939 endgültig Parteienstaat geworden ist) faktisch-politisch geeignet wäre, eine ernste staatliche Krise heraufzubeschwören. 22
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.