Um das Jahr 300 n. Chr. wurde diese grosse, Eine römische
Provinz in zwei Provinzen getheilt, wobei die südliche Hälfte (zirka
vom heutigen Feldkirch aufwärts) das „erste Rätien“ hiess und
Curia Rätorum Sitz des römischen Statthalters wurde.
Anno 493 kommt Rätien und damit die Luzisteig unter die
Ostgothen, dıe übrigens an der frühern Verwaltung nicht viel än-
dern. Unser „erstes Rätien“ wird zu einem Currätien.
Schon 44 Jahre nachher tritt abermals Handänderung, resp.
Wechsel im herrschenden Stamm ein, indem Currätien den Franken
anheimfällt, welchen die vom oströmischen Reich hart bedrängten
Gothen es zum Lohn für geleistete Hülfe schenken mussten.
Auch jetzt noch blieb fast Alles bei den ehemals römischen
Einrichtungen, nur ging die römische Reichs-Post und damit die
Begangenheit und Güte der Strasse ab.
In diese Zeit, ca. 448 n. Chr., fällt die Erbauung der Luzi-
kapelle a7” © Steis. — Wann der natürlich nicht verbürgte
Wettlauf von _. “uenfeld und Balzers um die bekanntlich nicht auf
der Wasserscheide, sondern nördlich davon befindliche jetzige
Grenze am Katarinenbrunnen stattgefunden, ist nicht bestimmt. *)
Dank der Initiative und Thatkraft eines Churer Bischofs Tello
wurde Currätien gewissermassen ein aristokratisch - theokratisches
Fürstenthum ; im Jahre 806 jedoch ein Herzogthum, zerfallend in
zwei Grafschaften, nämlich die untere (Vorarlberg, St. Gallen,
Oberrheinthal, Sarganserland bis an die Landquart sammt dem
ganzen Frätigau), die wir Unterrätien nennen, und die obere (das
ganze Rheingebiet des heutigen Graubünden nebst Oberengadin),
die wir Oberrätien heissen. Vinschgau, Münsterthal und Unterengadin
*) „Den Ursprung dieses Namens und der vorgeschobenen Grenze kennt nur
die Volkssage. Um die Grenzstreitigkeiten auf gütlichem Wege beizulegen,
wurde vor alter Zeit bestimmt (wann, wird nicht gesagt), dass zwei Läufer, einer
von Mayenfeld, der andere von Balzers, gleichzeitig abgehen sollten, wo sie sich
träfen, sollte die Grenze sein. Als der Mayenfelder seinen Lauf begann, er-
muthigte ihn mit Andern seine am Wege stehende Geliebte,‘ welche Katharina
hiess. Allein der von Balzers war ihm zuvorgekommen und traf ihn schon dies-
seits des Passes. Der Bündner machte Einwendungen. Der Andere sagte spottend:
Wenn Du mich laufend hinunter nach Balzers trägst, so soll die Grenze da sein’
bis wohin Du mich schleppen wirst. Der Bündner ging das ein und trug seinen
Gegner bis an jenen Brunnen. Dort sank er zusammen, rief den Namen seines
Mädchens aus und starb. Die Grenze aber verblieb den Maienfeldern.‘“ (Natur-
bilder aus den Rätischen Alpen von Prof. Theobald. 5. 82.)