meinde Brusio) war, obwohl es urkundlich nicht erweis-
bar ist, wohl unzweifelhaft, um dem Reiche diesen wich-
tigen Pass zu sichern, von den Nachfolgern Karl’s des
Grossen (welcher zu diesem Zweck sein Augenmerk mehr
auf den Bischof von Como gerichtet hatte) dem Bischof
von Cur übertragen worden‘ und befand sich wahrschein-
lich, wie Bormio, schon früh im Lehensbesitz des Hauses
Matsch. Immerhin treten die Rechtsverhältnisse Pos-
chiavo’s deutlicher zu Tage als diejenigen Bormio’s.
Zuerst erscheint Poschiavo als Gemeinde (und als
solche umfasste sie auch Brusio, somit die ganze Thalschaft)
in einer Urkunde von 1200 und 12011, wodurch Egeno
v. Matsch die Erzgruben in Poschiavo, gegen Entrich-
tung eines Zehnten, auf 29 Jahre verpachtet. In diesem
Vertrage, welchen Egeno von Matsch in eigenem Namen
abschliesst und in welchem er sich «Herr » (dominus) nennt,
behält sich derselbe die Gerichtsbarkeit über die in
Poschiavo weilenden (stantes) Grubenarbeiter vor.?}
Bemerkenswerth ist hiebei auch, dass die Gemeinde
(communis) Poschiavo selbst als Mitpächterin auftritt,
sowie dass dıe «Nachbaren» (vicini) ihre Zustimmung
zur Mitbenutzung von Wäldern, Weiden, Strassen
und Gewässern durch die Pachtgesellschaft, bei welcher
die Gemeinde selbst zur Hälfte betheiligt ist,%) ertheilen‘),
was ein schon sehr ausgebildetes dingliches Nutzungs-
recht der Grundbesitzer oder « Nachbaren »®) an allem
!') Mohr, Cod. In. 166 u. 168.
?) «et habendo istus dominus onorem et districtum super omnes
homines laborantes ıpsum laborem stantes in loco Poschiavo ».
3) Im Jahr 1213 verzichtet indess die Gemeinde Poschiavo auf
diese Betheiligung (Mohr, Cod. I. n. 181).
- 4) Die Verpachtung der Gruben (venae metallorum) geschieht
«consensu et licentia vicinorum cum busecis (Wälder) et veis
et pasculis et acquis ».
5) Unter «Nach baren» versteht man in Graubünden die grund-
besitzenden Gemeindsgenossen, daher unter « Nachbarschaft» eine
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