waren es die im: Lande zerstreuten Walserkolonieen und
die sıch ihnen von auswärts anschliessenden Deutschen,
welche wie ein befreiender Sauerteig wirkten.
So. kam es, dass die persönliche Unfreiheit in Ober-
rätien im Laufe: des X V.. Jahrhunderts im: Allgemeinen
gänzlich erlosch, sodass von der‘ Leibeigenschaft nur die
dinglichen Lasten übrig blieben. Ein urkundlicher Be-
weis für diese‘ Annahme. ist der von den IIL Bünden. im
Jahr 1526 zu Ilanz aufgesetzte Freiheitsbrief (sog. Artikel-
brief), in welchem (Art. 11 und 12) zwar die Umwandlung
von «Huben und ‚Kolonieen» in «ewige Erblehen» mit
festem, allfällig durch‘ « unparteiische Leute » zu bestimmen-
dem Zins und des «Falles» in eine fixe Geldleistung von
1. % :Pfenning so wie die Einschränkung der «Tagwen »
vorgeschrieben, der Leibeigenschaft, als solcher , aber
mit. keiner Silbe gedacht wird, wozu doch in diesem Frei-
heitsbrief ‚dringende Veranlassung gewesen wäre, falls die
Herrschaften dannzumal noch Ansprüche auf persönliche
Unfreiheit erhoben hätten. Dass dieser selbstgegebene
Freiheitsbrief (der allerdings: nicht unbedingte Nachachtung
erhielt) nur von «etlichen» noch bestehenden Huben und
Kolonieen svricht, scheint übrigens zu bestätigen, dass die
Leibeigenschaft überhaupt nur wenig verbreitet gewesen war.
Dieser Befreiungsprozess konnte um so ungehinderter
vor sich gehen, als im Laufe des XV, Jahrhunderts auch
die‘; feudalen Herrschaftsrechte in Oberrätien noch weit
sichtlicher ‚als in Unterrätien im Rückgang begriffen waren
und ebenmässig die gemeindlichen Freiheiten sich ent-
wickelten | — derart dass der erwähnte Artikelbrief sogar
keinen. Anstand nahm (Art. 12), die Jagd-, Fischerei-
und Wasserrechte den «Gerichten», in welchen «sie
gelegen» waren , zuzuschreiben, folglich letzteren thatsäch-
lich die Territorialherrlichkeit zu übertragen.
Von diesem gänzlichen Verfalle des Feudalismus und
gleichzeitigem Verschwinden der Leibeigenschaft, auf welcher
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