Volltext: Statistische Skizze der Oesterreichisch=Ungarischen Monarchie

Österreichisch -Ungarische Monarchie. 
ausgedehnten Grundbesiß hervorragen und welchen der Kaiser die erbliche Reichörats- 
würde verleiht, die Erzbischöfe und die Fürstbischöfe, und jene ausgezeichneten 
Männer, welche der Kaiser ob ihrer Verdienste um Staat oder Kirche, Wissenschaft 
oder Kunst auf Lebens8dauer in das Herrenhaus beruft. Das Haus der Abge- 
ordneten ist aus 353 auf 6 Jahre gewählten Mitgliedern zusammengeseßt, von 
welchen 92 auf Böhmen, 63 auf Galizien, 37 auf Niederösterreich, 36 auf Mähren, 
23 auf Steiermark, 18 auf Tirol, 17 auf Oberösterreich, je 10 auf Schlesien und 
Krain, je 9 auf Dalmatien, die Bukowina und Kärnten, 5 auf Salzburg, je 4 auf 
Görz - Gradiska, Istrien und Triest und 3 auf Vorarlberg entfallen. Die Abge- 
ordneten gehen aus der Wahl der in den Landesordnungen enthaltenen Wähler- 
klassen: a) des großen (landtäflichen, bezieh. lehentäflichen) Grundbesißes, der Höchst- 
besteuerten in Dalmatien, des adeligen großen Grundbesites (inkl. der Äbte und 
Pröpste) in Tirol, b) der Städte, Märkte und Industrialorte, ce) der Handel8- und 
Gewerbekammern und d) der Landgemeinden hervor. 
Die Abgeordneten werden in der Wählerklasse der Landgemeinden durch von 
den Wahlberechtigten gewählte Wahlmänner (1 auf 500 Einwohner), in den anderen 
Wählerklassen durch die Wahlberechtigten unmittelbar gewählt. Wahlberechtigt 
ist jeder eigenberechtigte österreichische Staatsbürger männlichen Geschlechts, welcher 
das 24. Lebensjahr vollstre>t hat und das Wahlrecht zum Landtage besißt, wobei 
in der Wählerklasse des großen Grundbesißes vier Fünfteile des zu zahlenden Real- 
steuerbetrags auf die Grundsteuer entfallen sollen und in den Wählerklassen der 
Städte und Landgemeinden der Minimalzensus auf die jährliche Entrichtung von 
mindestens 5 fl. an landesfürstlichen direkten Steuern ausgedehnt ist. In der 
Wählerklasse des großen Grundbesißes (in Dalmatien der Höchstbesteuerten) können 
auch Frauen und aktive Militärpersonen das Wahlrecht durch Bevollmächtigte aus- 
üben. Wählbar als Reichsrat3abgeordnete sind, und zwar in jedem der Länder, 
alle jene Personen männlichen Geschlechts, welche das österreichische Staatsbürger- 
recht seit mindestens 3 Jahren besißen, das 30. Lebensjahr zurügelegt haben und 
wahlberechtigt oder in den Landtag wählbar sind. 
Von dem Wahlrechte und der Wählbarkeit sind ausgeschlossen: 1) alle unter 
Vormundschaft oder Kuratel stehenden Personen; 2) diejenigen, welche eine Armen- 
versorgung aus öffentlichen oder Gemeindemitteln genießen oder in dem der Wahl 
unmittelbar vorangegangenen Jahre genossen haben; 3) Personen, über deren Ver- 
mögen der Konkurs eröffnet worden ist, während der Dauer der Konkursverhandlung; 
4) diejenigen Personen, welche wegen eines Verbrechens, oder wegen der Übertretung 
des Diebstahls, der Veruntreuung, der Teilnehmung hieran oder des Betrugs zu 
einer Strafe verurteilt worden sind. Diese Folge der Verurteilung hat jedoch bei 
politischen und gewissen anderen Verbrechen mit dem Ende der Strafe, bei den 
übrigen Verbrechen mit dem Ablaufe von 5 oder 10, bei den Übertretungen mit 
dem Ablaufe von 3 Jahren nach dem Ende der Strafe aufzuhören. 
Der Reichsrat wird vom Kaiser alljährlich einberufen. Der Präsident und die 
Vizepräsidenten des Herrenhauses werden vom Kaiser, jene des Abgeordnetenhauses 
von diesem selbst gewählt. 
Der Wirkungskreis des Reichs rats umfaßt alle Angelegenheiten der Geseß- 
gebung, welche sich auf Rechte, Pflichten und Interessen beziehen, die allen im 
Reichsrate vertretenen Ländern gemeinschaftlich sind, insofern dieselben nicht zwischen 
den beiden Reichshälften der Monarchie gemeinsam zu behandeln kommen. Es 
gehören zu seinem Wirkungskreise: 1) die Prüfung und Genehmigung der Handels- 
verträge und jener Staatsverträge, die den Staat oder Teile desselben belasten 
oder eine GebietSänderung zur Folge haben; 2) alle Angelegenheiten, welche sich auf 
die Art und Weise, sowie auf die Ordnung und Dauer der Militärpflicht Heziehen; 
inSbesondere die jährliche Bewilligung der Anzahl der auszuhebenden Manns<aft 
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