Volltext: Statistik der Römischen Ansiedelungen in der Ostschweiz

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eckigen Tafeln aber längs den Wänden solche aus acht quadratischen Backsteinen von derselben Dicke. 
Auf diesen Pfeilerchen und Säulchen ruhte der obere Boden, der aus grossen Backsteintafeln mit 
darauf gelegtem Mosaik bestand. Nur eine Wand des Zimmers war mit Heizröhren bekleidet und 
neben derselben der als viereckiges Rohr in das Zimmer heraustretende Rauchzug angebracht. Das 
Heizloch befand sich in der den Heizröhren gegenüberstehenden Mauer. 
In dem Hypokaustgemach No. 19 war der obere Boden mit Marmortafeln belegt und in den blau 
bemalten Wänden eine Ausschmückung seltener und eigenthümlicher Art zu sehen, die von keinem 
alten Schriftsteller erwähnt wird. Man hatte nämlich nach Art des Ouvrage de rocaille in regel- 
mässiger Entfernung von einander Gehäuse von Land- und Meerschnecken eingesetzt, die erstern von 
der Art der Gartenschnecke, die letztern aus dem Geschlechte der Austern, Gien- und Kammmuscheln. 
Ich habe zu Avenches ziemlich sichere Spuren ähnlicher Wandverzierung angetroffen 1). 
Fast alle Zimmer dieses Gebäudes, die nicht mit Marmortafeln bekleidet sind, haben einen ein- 
farbigen oder in Nachahmung des fleckigen Marmors vielfarbigen Anstrich. Diese Tünchen haben 
sich sämmtlich sehr gut erhalten und sehen ganz frisch und lebendig aus. 
Was die Fundgegenstände betrifft, so sind verschiedene (Taf. XVL. Fig. 10, 11, 12) abgebildete Gegen- 
stände aus Bronze und Eisen aufgehoben worden ?). Ferner kamen eine Anzahl Ziegel mit den Marken 
der XXI und XI Legion zum Vorschein. Auf aretinischen Schalen las man die Töpfernamen OF - MASCL 
(officina Masculi oder Masceli) und Salvetu 3). 
Die hier gefundenen Münzen. beginnen mit Augustus und endigen mit Magnus Maximus (j 388). 
Unter den Trümmern fanden sich eine Menge Stücke von Tafeln aus Porphyr und schönen aus- 
Jändischen Marmorarten. Die Menge des hier verwendeten verschiedenartigen Marmors; der Luxus 
der Bäder (Zimmer mit Hypokausten), die Mosaikarbeiten und andere Ornamente zeigen, dass das 
Gebäude von nicht gewöhnlicher Bedeutung war. Da Schwitzbäder von der eben beschriebenen Art 
erst unter. der Regierung Nero’s in Aufnahme kamen, und die letzte der hier gefündenen Münzen aus 
dem Ende des vierten Jahrhunderts herstammt, so kann aus diesen zwei Daten die Dauer des Bestandes 
dieser Ansiedelung gefolgert werden. 
Wenn man erwägt, dass die ganze Ebene zwischen Kulm, Zetzwil und Gontenswil mit den Erd- 
geschossen römischer Häuser angefüllt ist 4), so überzeugt man sich, dass das Gebäude auf dem 
Murhubel keineswegs isolirt stand, sondern zu einer beträchtlichen Ortschaft gehörte. Man. darf nicht 
übersehen, dass nach einer unter dem hiesigen Landvolk allgemein verbreiteten Sage in diesem Thale 
eine Stadt Namens Agenen oder Hagenen, vielleicht die Civitas Ganodurum des Ptolemäus, existierte. 
Der mittelalterliche Name. von Kulm lautet in Urkunden von 1045 Cholumbare °), 1173 Culumbe, 
1179 Predium Columbare, und ist also dem Namen der: Stadt Colmar (Columbaria) und Colombier 
(Neuchätel) Columbarium verwandt.« 
1) Cardienmüscheln kommen in römischen Ruinen gar nicht selten vor. 
?) Fig. 11 sieht dem zu Lunnern gefundenen, Bd. II. abgebildeten, Schmuckgeräthe ganz ähnlich, Fig. 10 ist ein 
Kamm. Fig. 12 ein Gegenstand, der häufig vorkommt und für den Schuh eines kranken Pferdehufs gehalten wird. 
3) Von Schmidt unrichtig Salve tu gedeutet. 
4) Durch Erkundigungen an Ort und Stelle habe ich mich überzeugt, dass diese Angabe sehr übertrieben ist und zwar 
in der Absicht, um dem Ort Ganodurum des Ptolemäus in dieser Gegend eine Stelle anweisen zu können. 
5\ Oh dieser Name von einem römischen Begräbnissplatz hergenommen, wagen wir nicht zu entscheiden.
	        

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