Die Liebe zum Vaterlande ist unabhängig von dessen territorialer
Ausdehnung; sie beseelt den Angehörigen einer Großmacht ebenso,
wie den Angehörigen eines Kleinstaates, ja man wird fie bei dem
letzteren oft mächtiger finden als bei dem erstern, weil er allem, was
das Land berühr*. viel näher steht als dieser, und weil das Gefühl
der Zusammengehörigkeit und des notwendigen Zusammenhaltens um
so stärker wirft, i2? kleiner der Kreis ist, in welchem die gleichen Jn-
teressen verfolgt werden.
Die Laterlandsliebe ist eine Grundveste der Staaten. Wo sie
schwind““ beginnt die Gefahr, die Selbständigkeit zu verlieren und
unter die Botmäßigkeit Fremder zu kommen. Qte auszubreiten und
zu festigen ist daher nicht nur eine Bürgersyflicht, sondern auch ein
Gebot d-r Selbsterhaltung. Sie 1/t aber nicht angeboren wie die Liebe
der Kinder zu den Eltern, sondern bedarf, wie die meisten Tugenden,
erst der äußern Anregung, welche, je eher sie gegeben wird, auf
um sv fruchtbareren Boden fällt. Geyflanzt in die für alles Erhabene
leicht empfängliche Brust des Kindes wird sie die festesten Wurzeln
schlagen, wird mit ihm heranwachsen und schon in jenem Augenblicke
in voller Blüte stehen, in welchem dieses in das öffentliche Leben
eintritt, also auch seinerseits damit beginnen soll, zum 'Wohle des
Vaterlandes mitzuwirken.
Die Shule, deren generelle Aufgabe es ist, nützliche Mitglieder
der Gesellscho“t 21 schaffen, muß vor allem als jene Stätte bezeichnet
werden, welchcr es oblieat, nebst anderen Tugenden auch die Bater-
landsliebe in don Kindern zu we>en und auszubilden. Dazu g2hört
aber, daz dieselben den Begriff des Vaterlandes und dieses selbst
nicht nur nach seinem Umfange, sondern auch in allen seinen be-
merfenöwerten Eigenschaften kennen lernen. Die „Vaterlandskunde“,
in den meisten Staaten als ein besonderer obligater Unterrichts-
gegenstand in die Lehrpläne aufgenommen, bedarf aber, damit der
vorerwähnte Zweck erreicht werden kann, zuvörderst eines Hilfs-