2 68 =
voraus; Zoseph ist in seinem ganzen Wesen räthselhaft und
zu viel von seiner Umgebung abhängig. Lasch kann ihm
einflößen, was er will.“ Als die Kaiserin dem Fürsten Karl
den Wunsc< ausdrücken ließ, er möge si< bei der Schlitten-
fahrt mit einer neuen Equipage betheiligen, war Eleonore
sehr erzürnt und fand dies despotisch und unwürdig. Aber
ihre Schwester las ihr den Text): „Gewiß hätte die Kaiserin
besser gethan", schrieb sie ihr, „wenn sie die Sache gar nicht
erwähnt hätte, aber Leute von dem Range des Fürsten, welche
mit dem Hofe verkehren, dürfen keine Aus8gabe scheuen. Hier
in Neapel sehnen sich die reichsten und unabhängigsten Her-
ren, welche auf ihren Gütern wie Souveraine leben, an den
Hof, kriechen vor dem Könige und den Ministern, bis sie
ein kleines Amt bekommen, welches bei uns Niemand nehmen
würde. In Wien thun wir alle zu wenig, die Güte der
Kaiserin hat uns lässig gemacht. "
Am Hofe Maria Theresia's wurde es immer stiller
und einsamer. Allmählich zogen alle ihre Söhne und Töchter
aus dem Hause. Zm Frühjahr 1768 heiratete die Erzher-
zogin Karoline na< Neapel , 1769 die Erzherzogin Amalie
nach Parma und 1770 die jüngste, Marie Antoinette, nach
Frankreich. Als die Verlobung der Erzherzogin Karoline ge-
feiert wurde, hatte man im Hofkreise noch ein zweites Ver-
sprechen erwartet, der Erzherzogin Amalie mit dem Herzog
von Pfalz-Zweibrü>en, welcher seit dem December 1767 in
Wien war und bei Hofe sehr gefeiert wurde. Die junge
Erzherzogin und der Prinz waren dazu geneigt, aber die
Kaiserin unterstüßte die Neigung nicht, angeblich weil der
1) Neapel, 28. Februar 1769.