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streifen. Ihre Ehe wurde noch von manchen Stürmen heim-
gesucht, aber sie gingen leicht vorüber und vermochten den
inneren Frieden, die Liebe und Treue nicht zu zerstören. Sie
verlebten 17638 und 69 zwei fröhliche Sommer in Meseritsch.
Wie freute sich Eleonore, wenn sie Morgens durc< den Wald
ritten, oder wenn ihr Mann Abends den Gilblas oder aus
dem Geist der Gesetze von Montes8quieu vorlas. Wie schön
waven die Herbsttage in Feldsberg, wo alle Liechtenstein,
jung und alt, die Sternberg und Kaunitz versammelt waren.
Die Briese Eleonorens8 aus dieser Zeit zeigen wieder die
volle Fris<e und Heiterkeit ihres Geistes. Erst zu Weih-
nachten kehrten sie nach Wien zurück. Oftmals wurden sie
zu Hof? geladen. Die Kaiserin hatte der Fürstin erlaubt,
allen „Kammerfesten“ beizuwohnen, aber sie langweilte sich
in der großen Welt, freute sich niht mehr an ihrem Treiben
und schrieb e;t mit einem wilden Freimuth über das Hof-
und Staatsleben. „Nicht leicht“, sagte sie einmal ihrer
Schwester !), „wechselt etwas so rasch als die Gnade und Un-
gnade der Souveraine; nux der erste Augenbli, der erste
Eindruck entscheidet bei ihnen; sie sind viel mehr als die an-
deren Menschen dem Zrrthume unterworfen, weil sie weniger
erfahren. Unsere Regierung ist in einem Zustande, der uns
zittern macht; wenn der König von Preußen uns den Krieg
erklärt, würden wir Böhmen und Mähren verlieren. Wir
sind wie ruinirt und ohne Hilfsmittel; die Bauern warten
nur auf eine Gelegenheit, sich zu erheben und ein Zoch ab-
zuwerfen, das sie nicht ertragen können. Der Charakter des
Kaisers ist no<h unentschieden, aber ich sehe nichts Gutes
1) Feldsberg, 23. October 1766.
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