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Die Briefe ihrer Schwester zeigen eine Frau von ver-
ständigem Geiste. Sie zittert für Eleonore, läßt es aber
nicht merken; sie bittet um ihr Vertrauen, mahnt sie zur
Ruhe, preist isren Maun und weiß mit süßen Worten und
ernstey Liebe d.,e Schatten zu bannen. „34 bewundere“,
schrieb sie im December 1765, „dein Recht8gefühl und deine
Unschuld in diesem Abenteuer ; dein Mann hatte jedo< aus
dem Briefentwurfe erkennen müssen, daß du kein Verhältniß
mit Odonell hafr; aber seine Eifersucht ist ein Beweis, wie
sehr er dich liebt. Diese Gattung Leute wie Odonell lieben
nur vorübergehend; wenn du nicht aus deiner Pflicht heraus-
gehst, wird er bald eine andere lieben und dich nicht mehr
beunruhigen.“ Am 4. Februar 1766: „Unsere Einbildungs-
kraft führt uns immer neue Gedanken und Wünsche vor; es
ist an uns, sie zu verwerfen und zu zerstören; vielleicht ist
das hart, aber wir wären keine Menschen mehr, wenn wir
nicht zu kämpfen hätten. Meine Achtung vor dir ist nicht
verringert, im Gegentheil gesteigert, wenn es überhaupt mög-
lich wäre, dir mehr zugethan zu sein; ich würde mein Leben
und alles, was ich besige, hingeben, um dich glücklich zu
machen.“ Am-41. März 1766: „Die Ruhe des Gemüthes
ist die größte Gnade, die wir von Gott erflehen können, aber
wir sind nicht dazu auf die Welt gekommen; das Leben ist
ein Kampf und wir müssen arbeiten ohne Unterlaß.“ Und
am 15. März: „Glaube nicht, liebe Schwester , daß eine
Herzensneigung unentschieden bleiben kann; sie schreitet vor,
ohne daß wir es wahrnehmen und plötzlich finden wir uns
vor einem Abgrund, während wir glauben, davon entfernt zu
sein; eine Frau, welche merken läßt, daß sie liebt, wird von
diesem Augenbli>ke an schwach und hat dann nur wenig