- 49 --
„Wir beide haben viel verloren, meine Liebe"; sie kam auch
noch zu Hoye, aber mit den Schmeicheleien und Huldigungen,
welche man ikv früher bezeigt, war es vorbei, und auch die
Kaiserin ließ il später in einem Nachklange von Eifersucht
ihren Unwillen fühlen. Die Fürstin starb schon 1775, 38 Zahre
alt. Eleonore Liechtenstein blieb damals noh in Wien, wurde
mehrmals von der Kaiserin empfangen und kehrte dann
wieder nach Schloß Meseritsch zurück.
In den ersten Wochen nach dem Tode des Kaisers
war Maria Theresia wie in einer Betäubung und vermochte
sich kaum zu fassen. Sie vertheilte ihre Kleider und Spitzen
an die Kammerfrauen, überließ ihye Gemächer der Schwieger-
tochter und bezog den Amalienhof, den früher der Erzherzog
Leopold bewohnt hatte. Sie sah nur wenige Frauen und
wies die Minister in allen Geschäften an ihren Sohn. Wie
bekannt, hatte sie einen Moment den Gedanken, die Krone
niederzulegen, aber sie richtete sich bald wieder auf und über-
nahm die Regierung wie früher, mit allem Fleiße und aller
Macht. Die Herren und Frauen des Hofes kannten sie ge-
nau, „I< bin neugierig“, schrieb Eleonore, „ob die Kaiserin-
Witwe nicht im ersten Schmerz die Regentschaft an ihren
Sohn übertragen wird“; und später: „der Gedanke zu re-
signiren it ihr nur im ersten Schmerz durch den Kopf ge-
gangen ; ihr Leben8gang wird derselbe bleiben, nur daß sie
nicht so oft öffentlich erscheint )
Der Winter 1765 auf 66 verging in Trauer und
Stille, die Theater blieben bis März geschlossen, alle Bälle
und öffentlichen Unterhaltungen waren verboten und die kai-
2) Am 1. September 1765.
Wolf, Eleonore Lie<btenstein.