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wurden die Brautleute im großen Spiegelzimmer abermals
in Gegenwart der kaiserlihen Familie dur< den Nuntius
eingesegnet *. Auch die Verlobung Eleonorens war bereits
angesagt, als der junge Erzherzog Karl von einem Fieber
ergriffen wurde und nach wenigen Tagen starb. Die Fa-
schingsfestlichfeiten wurden unterbrochen, erst am 22. März
wurde die Verlobung „des k. k. Kämmerers und General-
majors Fürst Karl Liechtenstein und des k. k. Kammerfräu-
lein8s von Oettingen" bei Hofe kundgemacht und am 30. März
am Tage Mariä Verkündigung die Trauung durch den Nun-
tius in der Kammerkapelle vollzogen. Die Kaiserin gab den
Neuvermälten zu Ehren ein großes Diner und versammelte
am Abend die ganze Hofgesells<haft in einem besonderen
„Appartement“ ?. Reich und kostbar war die Aussteuer der
jungen Frau, und Kleid und Schmu kamen an ihrem schönen
Leibe zur Geltung. Unter allen Heiraten, welche damals
bei Hofe geschlossen wurden , hat jene der jungen Fürstin
Eleonore das meiste Aufsehen erregt. Noc< im Mai wurden
die beiden Schwestern zu Palastdamen und Sternkreuzordens-
damen ernannt und hatten damit alle äußeren Ehren ex-
reicht, welche die adeligen Frauen Oesterreichs mit demselben
Ehrgeiz anstrebten, wie die Männer den geheimen Raths-
titel oder den Orden des goldenen Vließes.
Leopoldine hieß nun Gräfin von Kauniß- Nietberg,
Eleonore Fürstin Liechtenstein, oder nach dem Wiener Brauch,
welcher die Frauen naß den Männern neunt, die „Fürstin
Karl Liechtenstein“, im verwandtschaftlichen Kreise die „Karlin“
9) Wiener Diarium 7., 14. Jänner 1761.
?) Wiener Diarium 25. März, 1. April 1761.