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hatte kurz vorher ein Gedicht, „der Traum“, für den Fürsten
geschrieben, aus welchem dieser gern einige Zeilen wiederholte.
Sein Nachlaß wurde versteigert. Die Söhne waren über-
vas<ht von dem Reichthum an Bildern und Möbeln, Por-
cellan, Nippsachen, Cassetten und goldenen Medaillen, welche
ihm die fremden Souveraine, besonders die Kaiserin Katha-
rina 14., verehrt hatten. Die Gräfin Kaunitz und Eleonore
lasen seine Vriefe und Denkschriften und gewannen erst jetzt
einen Einbli> in die reiche Thätigkeit und sorgsame Ord-
nung des Fürsten. Der älteste Sohn Ernst hieß nun Fürst
und übernahm. die Güter. Der zweite Sohn Dominik hatte
shon 1752 das Vermögen seiner Tante, der Gräfin von
Questenber2, geerbt und nannte sich seit 1761 Graf Kauniß-
Rietberg-Questenber2. Er diente im Reichshofrath, war an
mehreren Höfen Gesandter und erhielt erst 1794 einen Hosf-
dienst als Vice-Oberststallmeister. Cin dritter Sohn Joseph
Clemens war als Gesandter in Spanien gestorben und der
vierte Sohn Franz war General.
Thugut übernahm nun die selbstständige Leitung der
äußeren Politik als „Generaldirector der auswärtigen Ange-
legenheiten“, der erste Bürgerliche, der in Oesterreich zu einer
solchen Stellung kam, geistreich, gelehrt, häßlich, thätig, ohne
feine Formen. „Er war kein reiner und milder, wohl aber
ein starker, klarer, in sich geschlossener Charakter, nirgends
erscheint bei ihm ein Zug persönlicher Selbstsucht; dafür aber
geht sein ganzes Wesen auf in den höchsten Begriffen von
der Größe und der Berechtigung seines Staates ").“ Er
war ein Schüler Kaunit' und nahm dessen <arakteristische
1) Sybel, Vorträge und Auffäte 1874, 263.