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nur langsamen Schrittes in's Oratorium gehen, um seine
Andacht zu verrichten. Bei Nacht lag oder saß er schlaflos
in seinem Bette; bei Tag ging er im Zimmer auf und ab,
oder saß in einem Lehnsessel. Das Reden wurde ihm
immer sc<wieriger und so war er Tag aus Tag ein nur
seinen Schmerzen und seinem Kummer überlassen. Keine
liebende Hand legte sich über seine Augen, schweigend grüßten
ihn die Garden, die Diener, die Hofherren. Rosenberg sagte:
„Wir wünschten alle, den Kaiser zu zerstreuen, aber es ist
nicht möglich, denn physische und moralische Ursachen machen
ihm das Leben unerträglich ** “ Am 28. Zänner 1790 un-
terzeihnete Joseph den berühmten Widerruf seiner Geseke
in Ungarn, durch welchen er alles aufhob, was er für die
Verwaltung und Cultur des Landes gethan hatte. Aber er
weigerte sich noch immer, einen Reichstag zu berufen. „Das
würde alles in Verwirrung bringen und nicht genügen“,
schrieb er?“ „ich entschloß mich, einige der Verlangen zu be-
willigen, nicht ohne Schmerz, alle meine Befehle widerrufen
und alles auf den Fuß wie zur Zeit unserer erhabenen
Mutter setzen zu müssen; das s<hneidet kurz a“; man muß
die Wirkung abwarten.“ Aber Zoseph vermochte nichts mehr
abzuwarten, denn seine Tage waren gezäl.“. Sein Arzt
Quarin sagte am 5. Februar auf seine Aufforderung die
Wahrheit, daß sein Leben jeden Tag erlöschen könne. Tags
vorher war in einer Conferenz, welcher Spielmann, Starhem-
berg, La8cy und Rosenberg beiwohnten, beschlossen worden,
1" Rosenberg an den Großherzog Leopold, 18. Jänner 1790, a.
gO. L.. 314.
2) An Leopold, 4. Februar 1790, Il. 315.