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und Hofherren zum Diner geladen hatte. Eleonore schildert
ihn als einen großen, magern, jungen Mann, der sehr be-
scheiden auftrat und uur zögernd und leise sprach. Ihr
Mann hatte ihm Tags vorher sein Regiment gezeigt.
Im October 1785 begannen wieder die Soireen der
Frauen und es wurde viel über Toleranz und Preßfreiheit
und besonders über den Fürstenbund disputirt. Der Kaiser
erschien öfter so abgemattet und antwortete so einsilbig, daß
die Frauen nicht wußten, wie sie ihn unterhalten sollten.
Rosenberg entschuldigte seinen Dderrn: „Die Geschäfte ver-
wirren sich, der Kaiser hat Ursache, schlecht gelaunt zu sein.“
Die Frauen wurden selbst müde, aber vie Macht der Ge-
wohnheit und der Freundschaft hielt sie fest mit dem Kaiser
zusammen. „Es ist doch besser“, sagte Eleonore, „er kommt
zu uns und theilt uns seine Langeweile mit, als daß er
allein zu Hause bleibt !).“ Wie sich seine Lebensgeister er-
frischten, war er wieder der liebenswürdigste Gesellschafter;
er holte die Fürstin und ihre Schwester ab, führte sie in
den Brater, nach Schönbrunn , zeigke ihnen das Blndenin-
stitut, die neue Hirurgische Schule, das Zosephinum, das ihm
700.000 "*. gefostet hat. Im Zänner 1786 kamen der
Herzog Albert und seine Gemalin nach Wien 2). Der Kaiser
sprach mit ihnen nur wenig über Politik, aber er bezeigte
ihnen eine herzliche Freundschaft, gab ihnen ein großes Fest
in Schönbrunn, führte sie in's Theater und in Gesellschaften.
Am meisten verkehrte die Erzherzogin mit der Fürstin Eleonore,
mit der sie von Zugend auf vertraut und seit 1781 im
2) Eleonore an Josephine, 28. August 1785.
2) Erzherzogin Marie Christine, 1. 224.