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zu Tag wuchs, verlangte sie die lezte Oelung. Bei dieser
traurigen Function waren alle ihre Kinder versammelt; sie
empfahl dieselben dem Kaiser und sprach ihn dabei mit so
ergreifenden Worten an, daß ihm ein Thränenstrom aus den
Augen stürzte. I< habe nie einen Menschen so ergriffen ge-
sehen , wie den Kaiser in diesem Augenblie. Nachdem die
Familie sich getrennt hatte , ließ uns die Kaiserin nochmals
fommen , liebfoste meine Frau und sagte uns die sc<meichel-
haftesten Worte: „Von allem, was sie im Leben unternommen,
sei ihr nichts so wohl gelungen, als unsere Vereinigung;
nichts gewähre ihr mehr Trost, sie sei überzeugt, wenn sie
auch die Welt vergessen sollte, werde in unseren Herzen ein
Lämpchen für sie nie erlöschen." Wir antworteten, daß wir
das Glück hofften, sie noch länger zu besitzen. Sie erwiederte
nur: „Gönnt mir die Ruhe, die ich hiernieden nicht finden
kann.“ Sie wechselte dann das Gespräch, redete von den
Ereignissen der Zeit, von der Belagerung von Gibraltar und
von den schwimmenden Batterien. Es war keine Rettung
mehr und der Tod sehr nahe. Gegen 6 Uhr Abends ließ
der Kaiser seinen Bruder, den Coadjutor von Köln, und uns
rufen; das war der verhängnißvolle Augenbli&d. Als wir
eintraten, hauchte sie in unserer Gegenwart auf einem Kanapee
ihre Seele während eines Erstiungsanfalles aus. So en-
digte diese erhabene Fürstin, deren Regierung unter so un-
glülichen Creignissen angefangen hatte. und so glorreich
wurde, daß sie eine der wichtigsten Epochen Oesterreichs
bildet. Die Nachricht rief eine große Bestürzung hervor,
besonders unter den Hofleuten. Die Stadt Wien jedoch,
welche früher ihrer Herrin und Fürstin so ergeben war,
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