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denn dieser, obwohl er seiner Mutter in aller Liebe und
Ehrfurcht zugethan war, beobachtete nicht immer die noth-
wendigen Formen. Die Kaiserin bekam im November 1780
einen Schnupfen, welcher, im Anfange vernachlässigt, zu öf-
teren, heftigen Erstifungsanfällen führte. Sie ließ uns die
Gefahr verbergen, abex wir eilten sogleich nach Wien. Als
wir in ihr Zimmer traten, fanden wir sie zu unserer Ueber-
raschung am Arbeitstische. Sie lud uns ein, mit ihr zu
frühstücken. Bei dieser Gelegenheit hatte sie die Gewohnheit,
uns von politischen Dingen zu reden und ließ uns oft die
geheimen Depeschen der Staatskanzlei lesen. Als wir hinaus-
gingen, sagte uns der Arzt den Charakter und die Gefahr
der Krankheit. Zoseph hingegen, der bald uachher zu uns
kam, ärgerte sich über den Lärm, den der Arzt von dieser
Krankheit machte und daß er schon von der Spendung der
Sacramente gesprochen. Er hatte eine Scene mit ihm und
warf ihm vor, daß er die Krankheit übertreibe, um sich dann
die Ehre der Rettung zuschreiben zu können. Die Gefahr,
in welcher die Kaiserin schwebte, vermehrte sich jedoch und
man mußte ihr die lezte Oelung vorschlagen. Da sie von
meiner Frau das Bersprechen erlangt hatte, wenn eine Todes-
gefahr vorhanden sei, ihr dies offen zu sagen, war meine
Frau gezwungen, diese traurige Pflicht zu erfüllen. Die
Kaiserin nahm die Mahnung mit jener Ruhe auf, welche
ihren starken Geist und ihre fromme Seele <arakterisirte.
Der Nuntius, der ihr das heilige Abendmahl reichte, war
sehr überrascht, sie in solcher Lage zu finden. Sie fuhr in-
dessen fort, die öffentlihen Geschäfte zu versehen und ihre
Hausangelegenheiten zu ordnen. Da die Gefahr von Tag