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mals war er in Lebensgefahr. Zmmer war er bereit zu
lernen, er ging dabei in's Einzeine, in's Kleinste. Viel zu
wenig hat er den Rath befolgt, den ihm der große Friedrich
in Neisse gegeben hatte *); „er möge sich nicht von Bagatellen
erdrücken lassen, das ermüde den Geist und verhindere, an
große Sachen zu denken." Sein Haushalt, seine TageS8ord-
nung waren gleich einfa<. Gerne nahm er den Schein an,
als wenn er Niemandes bedürfe. Er war gewohnt zu be-
fehlen, streng, rüfichtslos, oftmals gewaltsam, zersc<hmetternd
und doch wieder gütig und mild, barmherzig, voll Verständ-
niß für jedes Leid, zumeist für die Seufzer der Armen und
Bedrängten. Er war seit Zahrhunderten der erste Fürst
seines Stammes, welcher wieder in die offenen Kreise des
Lebens heraustrat, der erste Fürst, welcher ein erträgliches
Deutsch sprach und schrieb. Wohin er kam, bezauberte er
alle, hoch und niedrig, mit seinem offenen, freundlichen Wesen.
In Deutschland war er in jenen Jahren der populärste Fürst,
die Freude und Hoffnung der Jugend.
Gegen die Frauen zeigte er in seinen jungen Zahren
eine Kälte und Gerings<häkßung, welche sehr von der liebens-
würdigen Weise seines Vaters und Großvaters abstach. „Er
betrachtet die Frauen, wie man Statuen ansieht“, schrieb die
Gräfin Kaunitz *); „ich bin erschre>t, wenn ich denke, daß er
noch keine Leidenschaft gehabt hat, außer einer schrelichen ;
er hat eine große Geisteskraft und es muß eine Neigung ge-
waltsam über ihn kommen." „Zoseph", sagte Eleonore Liech-
1) Journal Josephs vom 27. Aug. 1769. Arneth, 1. 305.
2) An Eleonore Liehtenstein, Neapel 4. Dec, 1764.