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östlichen und südlichen Schweiz hereingebrochen, ins Wallis drang, da
bemächtigte sich der Gemüther, welche. seit der lezten Ueberschwemmung
kaum etwas freier aufathmeten, aufs Neue Angst und Bangen. Die
Befürchtung neuen schweren Unheils zögerte nicht, sich als gegründet zu
erweisen.
Durch eine Depesche des Kantonsingenieurs8 wurde ich zum dritten
Mal ins Wallis bejchieden und folgte = auf Ihre Weisung =- dies-
mal dem Rufe mit um so größerer Besorgniß, da ich den Zustand der
durch die voraus8gegangene Ueberschwemmung hart mitgenommenen ge-
öffneten Wuhren kannte. Von Herrn Venetz begleitet, begab ich mich
an Ort und Stelle, um die nöthige Juspektion vorzunehmen.
Dies8mal war es nicht die Vispo, welche die meiste Besorgniß er-
regte, obgleich jie, wie auch die Saltine und die Gamsen, ziemlich hoch
ging ; die Hauptquelle des Unglücks war vielmehr das Gomserthal. Von
Vispach. aufwärts hatte sich unter fortwährendem Blißen zwei Tage lang
ein heftiges Gewitter über diese Gegend entladen, dessen Hauptsik in
der Nähe des Nufenenpasses gewesen zu sein scheint. Das meiste Was-
ser lieferte der oberste Theil der Nhone, der Gerenbach, der Blinnen-
bach und der Binnenbach. Gutgegen der oft geltend gemachten Behaup-
tung, als ob das ungewöhnlich rasche Schmelzen der Gletscher bei
warmem Regen jeweilen die Hauptursache der Ueberschwemmungen sei,
muß hier die Thatsache konstatirt werden, daß in der Nähe dieser so
hoch angeschwollenen Bäche sich so zu sagen keine Gletscher befinden, so
daß also nur der massenhafte, zwei Tage andauernde Regen, welcher
den vom Föhnwind aus Jtalien hergetriebenen Gewitterwolken ent-
strömte, das Anschwellen der Gewässer und somit die Ueberschwemmung
verursacht haben kann. Daß der in diesem Theil des Kantons gefal-
lene Regen weit reichlicher gewesen sein muß, als der im Gebiete der
Vispe, läßt sich schon daraus schließen, daß die Fläche, welche diese un-
geheure Wassermenge sammelte, nur 553,6 Quadratkilometer oder 24
Quadratstunden mißt, somit volle 10 Quadratstunden kleiner ist.
Schon an der Brücke von Oberwald bei der Einmündung des
Gerenbaches hatte 1.2 Rhone eine Höhe von 10' über dem Nieder-
wasserstand erreicht und in Kestiholz oberhalb Mörell beobachtete man
eine Höhe von 16 bis 18 Fuß. Kein Wunder also, daß sie nach ihrer
Vereinigung mit der etwas angeschwollenen Massa oberhalb Wyßensand
und Naters die kultivirte Fläche verheerte.
Daß die Rhone allein die Uebers<wemmung vom Oktober verur-
sachte, erhellt aus der Thatsache, daß ihre Wassermasse nach ihrer Ver-
einigung mit der Vispe eben so groß war, als am 17. August, obgleich
das Hochwasser der leßtern bedeutend niedriger stand, als an jenem
Unglü&stage. Aus den Messungen an der Brücke von Sitten stellt sich
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