Das dritte und vierte Jahrhundert. 3
Als um die Mitte des 5. Jahrhunderts der hl. Severin im
benachbarten Noricum auftrat, waren dort alle Romanen, wenigstens
dem Namen nach, <ristlich. In Rätien, dessen Lage und Verhält-
nisse denen von Noricum in allen anderen Beziehungen genau ent-
sprachen, wird gewiß auch die Mehrzahl der Bevölkerung, besonder3 der
städtischen, dem Christentume angehört haben. Doch gab es ohne
Zweifel noch viele Heiden. Haben wir ja Zeugnisse, daß selbst in
Italien der heidnische Kultus noch lange an einzelnen Orten sein
Dasein fristete. Auf dem Berge Cassinum in Unteritalien war noch
zur Zeit, als der hl. Benedikt daselbst ankam, ein Apollotempel. Ja
jogar in Rom befanden sich nebst dem Pantheon, das 610 in eine
<ristliche Kirche umgewandelt wurde, ein Janu35- und ein Fortunatempel.
Auch jetzt noch fanden daher Glaubensboten ein großes Feld der Tätigkeit.
Als jolchen für Rätien im 4. Jahrhundert erwähnt die Legende
den heiligen Gaudentius. Mit Sicherheit wissen wir von dem-
selben nur, daß er am Fuße des Septimer bei Casaccia im Bergell
den Martyrertod erlitt, und daß seine Überreste dort beigesezt wurden.
Weitere LebenSumstände, sowie die Zeit, in der er gelebt, sind uns
unbefannt. Urkundlich erwähnt wird er zuerst in der Bulle Gregor
V. von 998 für das Kloster Pfäfer35. Unter den Besizungen dieses
Stiftes wird nämlich die Kirche St. Gaudentius am Fuße des
Septimer genannt (ecclesiam S. Gaudentii ad pedem Septimi
montis).*) Weiterhin verzeichnet diesen Heiligen ein von M. Fr.
Bek im Jahre 1687 herausgegebene3 Kalendarium, welches wahr-
scheinlich aus dem 11. Jahrhundert stammt und einem Stifte im
Elsaß angehörte. Dasselbe erwähnt den hl. Gaudentius für den 7.
Mai (In eodem die S. Gaudentii).?) Das Martyrologium
=" Reichenburg St. Laurenz.
= Wagen bei Rapper8wyl St. Veter.
7 Snusel Ufnau St. Veter.
= Männedorf St. Stephan und St. Laurenz.
5 Deinen St. Beter.
Zürich St. Veter.
Q | Balzer3-Mel3 St. Peter.
E25 Schaan St. Veter.
22 St. Laurenz
SZ | Mauren St. Peter.
S 1 Rankweil St. Peter.
1) Mohr, [. S. 105.
?) Das Kalendarium ist einem Nekrologium vorausgeschick. Das
Manuskript kam von Straßburg nac< Augsburg, wo e8 Beck von einem
Trödler kaufte. Er publizierte das Kalendarium in Aug3burg als „Mar-
tyrologium ecclesi? Germanica“ und gab einen Kommentar bei. Da8 Ne-
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