454 Von Bischof Siegfried v. Gelnhausen bis Heinrich YI. v. Höwen.
dessen wurde die päpstliche Strafbulle vom 28. Februar publiziert
und allen Herren, welche im Bistum Chur begütert oder demselben
benachbart waren, mitgeteilt. Nun erschienen am 12. Mai 1453 in
der Domkirc<e zu Chur vor dem Notar Johann Fabri die Domhex-
ren Johann Amsler, Rudolf von Rorschach, Johann von Schauenstein
und Johann von Castelmur, sowie Bürgermeister Michael Klu3ner
und die NatsSherren Kaspar von Schauenstein und Heinrich Schlumpf.
Sie protestierten gegen die päpstliche Bulle, welche erschlichen sei.
Sie seien nicht gehört worden, der angesezte Termin sei zu kurz ge-
wesen. In leidenschaftlichster Weise erheben sie eine Reihe schwerer
Anklagen gegen Bischof Heinrich. Sie beschuldigen ihn der Simonie,
jeine Regierung sei unerträglich, nachlässig und schädlich. Er übe
jein geistliches Amt in keiner Weise aus, verprasse die Einkünfte,
habe dem Bistum einen Schaden von 90,000 fl. rhein. zugefügt,
trage die Schuld an der Schamserfehde usw.
Die genannten Domherren hätten nach verschiedenen Berat-
jchlagungen und eingeholten Recht8gutachten mit den übrigen in
Chur residierenden Kanonikern einen neuen Bischof gewählt, welcher
der Kirche von Chur im Geistlichen und Weltlichen nüßlich sein werde.
Sie appellieren nun von dem schlecht unterrichteten an den besser zu
unterrichtenden Papst und, falls sie dieser nicht hören wolle, an ein
allgemeines Konzil. 1)
Das Aktenstük enthält nachweiSbar bewußt ausgesprochene
Unwahrheiten. Es wird z. B. in demselben behauptet, Bischof Hein -
rich habe in der Divzese weder selbst noch durch andere Pontifikal-
handlungen, Weihen usw. vorgenommen. Nun steht aber urkundlich
fest, daß er selbst eine Reihe von Weiheakten vollzog und andere
durc< den Weihbischof vornehmen ließ. Wenn nun die Verfasser in
diesem Punkte lügenhafte Angaben machen, kann man ihnen auch
bei den übrigen Behauptungen nicht Glauben schenken.
Am 3. Dezember 1453 schreibt Bischof Heinrich, welcher aus
Nom wieder zurückgekehrt war, an die Tagsazßung: Obgleich die päpst-
lichen Bullen, welche er „wider die von Chur erlangt“, klar die
Weisung enthalten, den Churern weder Rat noch Hilfe, Gunst und Bei-
stand zu gewähren, auch keine Gemeinschaft mit ihnen in Kauf und
Verkauf zu haben, „so kommt uns doch für, wie in ettlichen die
euern groß zuschub tuegen vnd in vorgemelter wih5 gemeinsame mit
inen haben.“ Darum bittet der Bischof, wie er schon früher getan,
?) Bibliothek Einsiedeln. Wiscr. 329.