30 Von der ältesten Zeit bis zum fünften Jahrhundert
Bürgerrecht und wurden dadurch fähig, in die Legionen einzutreten.
Der Statthalter Rätiens hieß nun Proprätor. Die Militärgewalt
wurde ihm jezt abgenommen und einem eigenen Beamten, zuerst
«dux Reetig limitis» später «dux Reetiarum» genannt, übertragen.
Das5 Wallis scheint unter Marc Aurel um 170 von Rätien abge-
trennt worden zu sein.)
Eine <ristliche Gemeinde bestand in Chur wohl sicher zu dieser
Zeit und sie wird sich ohne Zweifel immer mehr ausgebreitet
haben. Zwar kamen für die Christen blutige Verfolgungen, welche
sich über das ganze römische Reich ausdehnten, allein hier werden
sie kaum jenen Hühepunkt wie anderwärts erreicht haben. In Rätien
drohten ja beständig von Norden her die Einfälle der Germanen.
Da durfte man wohl schwerlich die Provinzialen, soweit sie Christen
waren, durch Verfolgungen abstoßen und so die Lage noch verschlim-
mern. Martyrer aus dieser Zeit im Bereiche des Bistums Chur
sind uns denn auch keine befannt. Dagegen stehen zwei Martyrer
der Nachbarschaft mit unserer Diözese in Verbindung. ES sind dies
die hl. Felix und Regula. Handschriften aus dem Ende des 8.
und Anfang des 9. Jahrhunderts in St. Gallen und Zürich erzählen
uns nach alter Überlieferung über diese beiden Heiligen folgendes :
Felix und seine Schwester Regula gehörten jener thebäischen
Legion an, welche der hl. Mauritius zum Anführer hatte und ihrem
größten Teile nach im Wallis den Martyrtod erlitt. Als die Ber-
folgung ausbrach, flüchteten sich die beiden Geschwister über die
Alpen und kamen in das Tal Glarus. (Wahrscheinlich hatten sie den
Weg über die Furka, Urserntal, Uri, Muotathal und Pragelpaß ge-
nommen.) Sie durchwanderten Glarus und kamen nach Zürich, wo
fie bleibenden Aufenthalt nahmen, den Werken der Frömmigkeit
lebten und das Christentum auszubreiten suchten. Daher wurden
sie gefangen genommen und vor den heidnischen Richter geschleppt.
Dieser befragte sie über ihre Zugehörigkeit zur thebäischen Legion
und ihren Glauben. Da sie sich standhaft als Christen bekannten,
ließ sie der Richter enthaupten. Freudig und unter Pfalmengesang
gingen sie in den Tod.
Dies geschah zu Ende des 3. Jahrhundert5.*?) Die heiligen
1) Dech8li, 1. c. S. 76.
?) Lütolf, die Glaubensboten vor dem hl. Gallus. S. 193 ff. G. Heer,
die hl. Felix und Regula. Zürich 1889. Fernere Literatur siehe bei
Stückelberg, die Schweiz. Heiligen des Mittelalter3. Zürich 1903. S. 36.
Veber die Verehrung dieser Heiligen E. Wymann im Urner Histor. Neu-
jahr3blatt 1905 und I. G. Mayer in der Schweiz. Kir<enz. 1805, S. 77.