Von Bischof Konrad 1. bis Berthold Il.
Die Archidiafonen wurden vom Bischofe ernannt. Für das
Engadin ernannte dieser auch den Dekan, dem er gewöhnlich das
Amt eines Archidiakons vder geistlichen Richters übertrug.
Der Archidiakon hatte zu richten in Ehesachen. Sodann hielt
er jedes Schaltjahr eine allgemeine Gericht3versammlung in seinem
Amtsbezirk, „was man zu deutsch Tavellen und welsch Plaid (hri-
Stianida nennt“. Dem Pfarrer mußte vor M. Verkündigung (25.
März) ein Mandat geschickt werden, und er hatte dann zu sorgen,
daß von den Pfarrgenossen eine bestimmte Anzahl Eidschwörer ge-
wählt würden. An diese wurden vom Richter eine Anzahl Fragen
gerichtet, welche an die Kapitula des Bischofs Remidius und die
ältern Sendgerichte erinnern. Die Fragen betrafen den katholischen
Glauben, die Statuten der Kirche, Verlezung der Immunität und
Entzug von Gütern der Pfarrkirche, Meineid, falsches Zeugnis, Ehe-
bruch, Blutschande, Versündigung unter ledigen Personen, KindS8-
tötung, geheime Ehen, KindeSaussezung, Verstoßung Schwerkranker,
Ausfsäzige, Maß und Gewicht, öffentliche Wege der Pfarrei, Weiden,
Verlezung des Fastengebote3s, Sonntagsentheiligung und Wucher.
Fehlbare wurden mit 3 Pfund gebüßt, wovon dem Pfarrer 3
und dem Bischof vder Archidiakon ?/3 zufielen.
Im Schanfigg, Prätigau, Churwalden und im Kapitel unter
der Lanquart mußte dem Richter beziehung3weise Archidiakon von
jeder Feuerstätte ein Schilling gegeben werden. *)
Da die Archidiakone vielfach die ihnen übertragene Gewalt als
eine vom Bischofe unabhängige betrachteten, sie eigennüßig ausbeu-
teten und öfter gegen den Bischof sich auflehnten, so beschränkte man
vom 12. und 13. Jahrhundert an ihre Befugnisse und übertrug sie
an andere Organe, inSbesondere an die Generalvikare, die seit
dem 12. Jahrhundert aufgestellt wurden. DeShalb verloren die Ar-
<idiafone nach und nach ihre Bedeutung und in manchen Diözesen
verschwanden sie ganz. Der Generalvikar (Vicarius in spiritua-
libus) war Vertreter des Bischofs für die gesamte geistliche Leitung
ver Diüzese und darum mit ausgedehnten Vollmachten ausgerüstet.
Für die Entscheidung von kir<lichen Streitsachen war der bischöfl.
Richter bestellt.
In unserem Bistume begegnen uns zwar im 14. und 15. Jahrh.
häufig Generalvikare, neben ihnen bestanden aber die Archidiakone
!) Muvth, Buch der Aemter l. c. S. 21 ff.
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